Gerichtsverhandlung zu Einlasskontrolle: Zu alt für Technomucke?

Ein 44-jähriger Mann wird bei einem Elektro-Festival abgewiesen – und sieht sich diskriminiert. Jetzt verhandelt der Bundesgerichtshof.

Eine Menschenmasse vor einer Bühne bei Nacht

Laut Gesetz gelten die gleichen Maßstäbe für Alters-Diskriminierung und andere Diskriminierungen Foto: Robert Kohlhuber/imago

KARLSRUHE taz | Hat ein 44-Jähriger das Recht, ein Techno-Festival für junge Leute zu besuchen? Oder darf der Veranstalter sein Zielpublikum eng und homogen definieren? Darüber hat an diesem Donnerstag der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Die Frage hat große Bedeutung für das Anti-Diskriminierungsrecht.

Konkret geht es um einen Vorfall beim jährlichen Festival Isarrauschen in München. Dort legen rund 30 DJs elektronische Musik auf. Im August 2017 wollte der 44-Jährige – ein Jurist – gemeinsam mit seinen 36- und 46-jährigen Begleitern das Festival besuchen und wurde nicht eingelassen. Der Veranstalter – die Life-is-Good-Gmbh – argumentierte, der Jurist passe nicht zur Zielgruppe der „Partygänger“ zwischen 18 und 28 Jahren. Man entscheide nach dem optischen Eindruck.

Gegen diese Abweisung klagte der 44-Jährige und verlangte tausend Euro Entschädigung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verbiete bei Massengeschäften eine Diskriminierung nach dem Alter. Als Massengeschäft gelten zum Beispiel Einkäufe im Supermarkt oder der Besuch eines Restaurants.

Doch das Landgericht München I lehnte die Klage im März 2020 ab. Das AGG sei gar nicht anwendbar, da es sich beim Isarrauschen-Festival weder um ein Massengeschäft noch um etwas Ähnliches handelte. Indiz: Tickets konnten nur vor Ort und erst nach einer rigiden Einlasskontrolle erworben werden. Ein Vorverkauf mit freiem Verkauf an alle fand nicht statt. Es sei ein Grund für den Erfolg solcher Veranstaltungen, so das Landgericht, dass ein nach Alter und Aufmachung homogenes Publikum zusammenkomme, das unter sich bleiben wolle.

Ein „sachlicher Grund“?

In der Revision beim BGH ging es schnell um Grundsätzliches. „Das AGG wäre ein zahnloser Tiger, wenn schon dann keine Diskriminierung vorliegt, weil der Veranstalter eine enge Zielgruppe definiert hat“, argumentierte Matthias Siegmann, der Anwalt des Klägers.

„Was machen wir denn, wenn ein Veranstalter ein Fest ‚nur für Weiße‘ anbietet, die homogen unter sich feiern wollen? Ist das dann keine Diskriminierung von Schwarzen?“ Laut Gesetz gälten schließlich die gleichen Maßstäbe für Alters-Diskriminierung und andere Diskriminierungen, so Siegmann.

Als Vertreter des Veranstalter betonte Rechtsanwalt Thomas Kofler: „Die Leute sollen sich wohlfühlen, darauf kommt es an.“ Das sei der „sachliche Grund“ für die Altersgrenze. Der Veranstalter sei auf die Feierlaune des Publikums angewiesen, weil er ein großes wirtschaftliches Risiko auf sich nehme. Eine Altersgrenze sei auch nicht so willkürlich wie eine Diskriminierung nach der Hautfarbe.

Matthias Siegmann, der Anwalt des Klägers, sah die Freiheit des Veranstalters nicht unmäßig eingeschränkt. „Niemand macht ihm Vorgaben zum Programm. Wenn es 15 Stunden lang Techno, House und Deep House gibt, dann kommen automatisch vor allem Jüngere.“ Ein Veranstalter müsse keine Blasmusik anbieten, um Ältere nicht zu diskriminieren. Aber er könne nicht einfach einen Teil der Interessierten als Publikum ausschließen. Es gebe eben auch Ältere, die gerne zu elektronischer Musik tanzen.

Der abgewiesene Münchener Jurist, ein notorischer AGG-Kläger, nahm nicht an der Karlsruher Verhandlung teil. Der BGH will am 5. Mai sein Urteil verkünden.

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