Bahnchaos nach Wintereinbruch: Zu wenig Personal und kaum Vorsorge

Das Tief „Tristan“ sorgt für Verkehrschaos. Wieder fallen Zugverbindungen aus. Bahnexperte Höft erklärt, was bei der Deutschen Bahn schiefläuft.

In vereister und zugeschneiter Wagon eines ICEs

Eisregen und starker Wind hat auch im Fernverkehr der Deutschen Bahn zu massiven Problemen geführt Foto: Ole Spata/dpa

BERLIN taz | Das Tief „Tristan“ mit Schneefällen, Eisregen und starkem Wind hat zu massiven Verkehrsproblemen geführt. Auch der Fernverkehr der Deutschen Bahn brach fast zusammen. Doch der großflächige Zugausfall ist nicht in erster Linie dem Wintereinbruch geschuldet, sondern einer falschen Bahnpolitik. Davon ist der Bahnexperte Uwe Höft von der Technischen Hochschule Brandenburg überzeugt. „Das ist die Folge fehlender Daseinsvorsorge der Deutschen Bahn“, sagte er der taz.

Die Bahn stellte am Montag in Berlin, Dresden, Hamburg und weiteren Orten den Verkehr zeitweise ganz oder zum Teil ein. Die Verbindungen in die Niederlande sind bis auf Weiteres ausgesetzt, die nach oder von Frankreich erheblich gestört. Auch der Regionalverkehr stand in Niedersachsen, Teilen von Nordrhein-Westfalen, Bayern und weiteren Gebieten vielerorts still. Der Staatskonzern hat seine Kulanzregeln für Fahrten im Fernverkehr am 8. Februar ausgeweitet. Fahrkarten könnten bis 7 Tage nach Störungsende flexibel genutzt oder kostenfrei storniert werden, teilte der Konzern mit.

Dass Nebenstrecken zeitweise nicht befahrbar seien, sei nachvollziehbar, sagt Bahnexperte Höft. Für Hauptstrecken gelte das aber nicht. „Ich habe kein Verständnis dafür, dass etwa der Fernverkehr von Hamburg ins Ruhrgebiet massiv gestört ist“, sagt er. Dass die Deutsche Bahn Hauptstrecken nicht frei bekomme, sei ein „Armutszeugnis“. Ein Grund für die Ausfälle: Der Bahn fehlt es aufgrund der jahrelangen Kürzungspolitik an Personal. „Früher hat man Leute vor Ort losgeschickt, um Schnee zu räumen“, sagt Höft. Heute gibt es an vielen Bahnpunkten keine Bahn­mit­ar­bei­te­r:in­nen mehr. Räumtrupps müssen zentral aufgestellt und losgeschickt werden. Das kostet Zeit.

Schneeverwehungen entstehen meistens nicht an überraschenden Orten. „Man weiß, wo die auftauchen. Da kann man Vorsorge treffen“, sagt der Bahnexperte. Durch das Aufstellen von Zäunen etwa können Schneeverwehungen in Grenzen gehalten werden. „Das macht die Deutsche Bahn offenbar nicht genug.“ Sie unternehme auch zu wenig Erkundungsfahrten mit Räumgeräten. Die Deutsche Bahn antwortete nicht auf eine Anfrage der taz, wie viele Schneeräumzüge zur Verfügung stehen und wie sie sich auf den Wintereinbruch vorbereitet hat.

Schlimmer als Bahnreisende trifft es Au­to­fah­re­r:in­nen

Störanfällig sind auch die Weichen. Frieren sie ein, können sie nicht mehr gestellt werden. Deshalb werden an wichtigen Knoten Heizungen eingesetzt. „Mit den jetzigen Witterungsbedingungen müssten die Weichenheizungen klarkommen“, so Höft. Wo es keine gibt, müssen Weichen allerdings mühsam enteist werden. Auch Oberleitungen sind ein wunder Punkt. Bei Eisregen bildet sich eine gefrorene Schicht um sie, so dass Elektrozüge keine Energie mehr bekommen. Das könne man jedoch in wenigen Stunden in den Griff bekommen, sagt Höft – etwa indem man Dieselloks drunter durchfahren lässt. Die könnte sich die Deutsche Bahn etwa bei privaten Betreibern leihen, was sie aber scheue.

Was nach Höfts Überzeugung nicht für die zunehmende Anfälligkeit der Deutschen Bahn für Wetterereignisse verantwortlich ist: die moderne Technik. Für die eingesetzte Elektronik seien Tiefsttemperaturen kein Problem. Durchaus einen Unterschied zu früher machen aber die eingesetzten Loks. Die modernen Zugwagen sind leichter und deshalb anfälliger bei Schnee.

Schlimmer als Fahrgäste der Deutschen Bahn traf der Wintereinbruch Autofahrer:innen. Etliche Fahrzeuge blieben auf Autobahnen im Schnee stecken und mussten etwa von Mit­ar­bei­te­r:in­nen des Technischen Hilfsdienstes freigeschleppt werden. Liegengebliebene Fahrzeuge und Schneeverwehungen blockierten vielerorts die Fahrbahn. Die Polizei sperrte eine Reihe von Autobahnen wegen Glatteis. In Westfalen galt zeitweise ein Fahrverbot für Laster über 7,5 Tonnen.

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