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Integration, eine Farce

„Schulkinder ohne Anschluss“, taz vom 3. 2. 21

Wir unterstützen seit einiger Zeit eine afghanische Familie, die seit Oktober 2020 im Rahmen der Familienzusammenführung gemeinsam in Deutschland lebt. Zwei Kinder, neun und sieben Jahre, habe ich an der zuständigen Schule angemeldet. Die Kinder waren noch nie in eine Schule gegangen und sind nicht alphabetisiert. Es dauerte drei Wochen, bis die Kinder endlich in der Schule aufgenommen wurden.

Dann kam im Dezember der Lockdown und die Lehrerin schrieb eine E-Mail an den Vater und mich: „Ich hab eine Weile überlegt, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass A. und B. besser keine Aufgaben bekommen, weil damit mehr Schaden als Nutzen erzielt werden kann, Fehler schleifen sich ein. Wenn die beiden unbedingt arbeiten möchten, könnten sie feinmotorische Übungen machen, wie ausschneiden, sauber ausmalen. Weiter wäre zählen eine gute Übung, alles, was sie sehen im Alltag. Bis zehn addieren und subtrahieren mit Anschauungsmaterial (auch einfach, was gerade da ist). Sobald ich neue Informationen zum Schulbesuch habe, werde ich sie Ihnen schicken.“

Das schreibt eine beamtete Lehrerin an afghanische Eltern, die selbst kaum Deutsch können. So viel zu Chancengleichheit, Kinderrechten und Integration. Ich war zunächst sprachlos. Wenn Familien in solchen Situationen keine Unterstützung durch Deutsche haben, die sie über ihre Rechte informieren und ihnen helfen, ihre Rechte durchzusetzen, dann haben diese Kinder keine Chance und Integration bleibt eine Farce. Name ist der Redaktion bekannt

Partizipien vermeiden

„Sprachkritik darf kein Elitenprojekt sein“,

taz vom 6. 2. 21

Verständlichkeit und schnelles Erfassen der Inhalte sind nicht möglich, wenn der:­die Le­se­r:in einen Text eine:s:r Redakteur:s:in, den er:­sie gerade liest und den der!die Verfasser_in gendert, seinen_ihren Faden verliert. Ein weiterer Grund: Sprachverarmung. Ich bezweifle, dass – nach jahrelangem Anhängen von „innen“ wo auch immer – noch jemand den Dativ Plural maskulin richtig kann: den Bürgern, den Mitarbeitern, also mit „n“ hinten dran. In der Schule lernte ich, dass Partizipe möglichst zu vermeiden sind, da sie zum Bürokratiesprech verleiten und Texte somit eher verklausulieren sollen Nun aber werde ich in der taz als „Lesender“ angesprochen.Matthias Reich, Berlin