das ding, das kommt
: Krapfen mampfen gegen den Karnevalsfrust

Warum lacht der nicht? Faschingskrapfen als Seelentröster Foto: Man77/Wikimedia Commons

Ja, natürlich kann man „Krapfen“, „Kreppel“, „Puffel“, „Faschingsküchlein“ oder „Muzen“ sagen. Der wahre Name des derzeit wieder aktuellen Karnevals-Schmalzgebäcks lautet aber – und das können Sie einer Kölnerin ruhig glauben – „Berliner“ bzw. „Berliner Ballen“. Weil der nämlich vom Heuballen herkommt.

Ach nee, stimmt nicht, das war anders: Ein Berliner Bäcker soll den erfunden haben, als Kompensation gewissermaßen. Wegen seiner Leibesfülle durfte er nämlich nicht Kanonier bei Friedrich dem Großen werden, sondern musste in der Feldküche schuften. Und da hat er seinen Frust weggebacken, indem er „Kanonen“ aus Fett und Schmalz siedete, sie mit lecker Marmelade oder Pflaumenmus füllte – fertig war der Berliner (Ballen). Der war schön süß und verbreitete sich sofort übers ganze Land.

Das Schmalzbacken speziell zu Karneval hat es allerdings schon im Mittelalter gegeben, und daran war die Kirche schuld. Denn eigentlich war das ganze Faschings- und Karnevalsgedöns nicht nur die Fortführung der heidnischen Wintergeister-Austreibung. Das mehrtägige Volksfest galt auch als letzte lebensfrohe Zuckung vorm siebenwöchigen Fasten bis Ostern.

Da die Fastenzeit aber immer so plötzlich kommt, musste am Donnerstag vor Karneval/Fasching – dem „fetten Donnerstag“ – noch schnell geschlachtet und haltbar gemacht werden. Dabei fiel jede Menge Fett ab, und daraus hat man Schmalzgebäck gemacht – auch, damit sich die Leute vorm Fasten noch mal den Bauch mit Süßem vollschlagen konnten.

Nun ist das Fasten heute – wie übrigens auch das Vorweihnachts-Fasten – aus der Mode gekommen. Aber der Brauch des Kreppel-, Krapfen-, Berliner- und Muzen-Verzehrs ist geblieben. Schmalzgebäck gibt es inzwischen das ganze Jahr – besonders variantenreich allerdings zur Karnevalszeit.

Wobei man dieses Jahr allerdings gute Gründe hat, diese schöne Tradition zu pflegen. Denn genau genommen sind wir wegen Corona ja zum Geselligkeits-Fasten verurteilt. Die Kölner Karnevalsgesellschaften etwa haben das für 2021 vorgesehene Motto „Nur zesamme sin mer Fastelovend“ („Nur zusammen sind wir Karneval“) flugs durch „Köln hält durch. Gemeinsam“ ersetzt. Der Rosenmontagszug fällt natürlich auch aus.

Was bleibt da übrig? Das Feiern „am besten alleine Zuhause, mit dem eigenen Haushalt, oder maximal einer weiteren Person“, schreibt die Stadt Köln. Lustig. Na, immerhin kann man sich am Rosenmontag im WDR-Fernsehen den Mini-Karnevalszug mit 177 Puppen des traditionellen kölschen Hänneschen-Puppentheaters ansehen, die auf 16 Wegen vor der 32 Meter langen Bühne herfahren.

Das muss gar nicht das Schlechteste sein, sind die Karten für die begehrte Hänneschen- „Live“-Puppenkarnevalssitzung doch stets ausverkauft. Und jetzt gibt’s das kostenlos und ganz nah. Dazu kann man sich ja ein paar Bläck-Fööss-Lieder im Internet runterladen und mitsingen. Alles schön und gut. Trotzdem: Ohne 20, 30 Berliner, Kreppel, Muzenmandeln wird die Rheinländerin dieses ganze Ersatzgefeiere seelisch nicht verkraften. Erst recht nicht im Hamburger Exil. Petra Schellen