Neue Orga-Chefin von Olympia 2021: Nach bekanntem Muster

Seiko Hashimoto wird Cheforganisatorin der Olympischen Spiele 2021. Sie soll für mehr Diversität und Achtsamkeit stehen – eine zweifelhafte Wahl.

Neuen Männer und eine Frau durchschneiden ein Band zur Museumseröffnung

Gruppenbild mit Frau: Seiko Hashimoto bei der Eröffnung des japanischen olympischen Museums Foto: Kyodo News/imago

„Es sollen Olympische Spiele für alle werden“, sagte die neue Cheforganisatorin bei ihrer Antrittsrede mit Inbrunst. „Wir müssen alles tun, damit wir das Virus weiter unter Kontrolle bringen.“ Und man müsse dafür sorgen, dass die mittlerweile vielen Skeptiker in Japan wieder Begeisterung für die größte Sportveranstaltung der Welt empfinden. Die soll schließlich ab Ende Juli dieses Jahres – der Pandemie zum Trotz – in Tokio steigen. Und Seiko Hashimoto hat unmissverständlich klargemacht, dass sie sich dafür ins Zeug legen wird.

Am Donnerstag wurde die 56-Jährige zur Präsidentin des Tokioter Organisationskomitees gekürt. Sie folgt auf den 83-jährigen Yoshiro Mori, der sich mit frauenfeindlichen Bemerkungen selbst diskreditiert hatte. „In Komitees, in denen viele Frauen sitzen, dauern die Meetings lange Zeit“, sagte er, nachdem Japans Nationales Olympisches Komitee kurz zuvor beschlossen hatte, seinen Frauenanteil künftig auf 40 Prozent anzuheben. Die Empörung über Moris Aussage war so groß, dass der einstige japanische Ministerpräsident zurücktreten musste.

Mit ihm hat damit auch der letzte Kopf des einst erfolgreichen Tokioter Bewerberkomitees die Bühne verlassen. Jeder von ihnen war mit Skandalen konfrontiert. Zuerst fiel Tokios Gouverneur Naoki Inose negativ auf, der Ende 2013 nur Monate nach dem Zuschlag für Tokio den Rückzug antreten musste. Grund waren Zahlungen, die er von einer Krankenhauskette erhalten hatte. Den Verdacht der Korruption bestritt Inose zwar, zog sich aber dennoch zurück.

Gut fünf Jahre später schied der damalige Chef des Bewerbungskomitees und Vorsitzender des Japanischen Olympischen Komitees Tsunekazu Takeda aus. Die französische Staatsanwaltschaft hatte Ermittlungen gegen Takeda aufgenommen wegen des Verdachts des Stimmenkaufs für das olympische Austragungsrecht. Takeda beteuerte seine Unschuld und trat zurück.

Nur vordergründig passend

So wie vergangenes Jahr auch Premierminister Shinzo Abe – offiziell aus gesundheitlichen Gründen. Zugleich war Abe jedoch inmitten von Vorwürfen der Vetternwirtschaft und Veruntreuung sowie einer halbherzigen Reaktion auf die Pandemie höchst unbeliebt geworden.

Vordergründig ist Seiko Hashimoto, die neue Cheforganisatorin der Olympischen Spiele, eine passende Wahl. Die Verantwortlichen haben mit der Wahl einer Frau als Nachfolgerin des 83-jährigen Mori signalisiert, dass sie die Ansichten ihres bisherigen Chefs nicht teilen. Auch sonst scheint Hashimoto qualifiziert. Sowohl an Olympischen Winter- (Eisschnelllauf) als auch Sommerspielen (Bahnradfahren) hat sie als Athletin teilgenommen. 1992 in Albertville holte sie auf dem Eis Bronze. Seit 2019 ist Hashimoto außerdem als Olympiaministerin ein Mitglied der japanischen Regierung gewesen. Die komplizierten Geschehnisse um diese Spiele begleitet sie also schon länger aus der Nähe.

Auch die verbale Entgleisung des auf großen Druck hin zurückgetretenen Yoshiro Mori sind ihr nicht verborgen geblieben. Aber wie andere Mitglieder der Regierung hielt sich Seiko Hashimoto auffallend zurück. Ob sich die konservative Politikerin Hashimoto also dafür eignet, nun Geschlechtergleichheit voranzutreiben und Diskriminierung zurückzudrängen, bleibt ungewiss. Bei ihrer ersten Pressekonferenz am Donnerstag erwähnte sie dieses Thema nicht, reagierte eher unkonkret auf Fragen.

Das Tokioter Organisationskomitee begründete seine Entscheidung, Hashimoto an seine Spitze zu heben, unter anderem mit deren Erfahrung als einstige Ministerin für Frauen und Geschlechtergleichstellung. Nur ist die Frau in einer verwandten Sache schon selbst zum Problem geworden. Als Vorsitzende der japanischen Olympiadelegation bei den Winterspielen von Sotschi 2014 fiel Hashimoto durch sexuelle Belästigung des Eiskunstläufers Daisuke Takahashi auf. Der Druck wurde dann so groß, dass nicht nur Hashimoto, sondern auch das Opfer Takahashi öffentlich um Entschuldigung für die entstandene Unruhe bitten mussten. Auf diese Affäre angesprochen, sagte die neue Cheforganisatorin diese Woche mit Worten, die auch Verantwortliche vor ihr schon gewählt haben: „Ich bedauere mein Verhalten von damals.“

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