Dunkelziffer kommt ans Licht

Coronastudie des RKI in Mitte: Infektionszahlen könnten noch höher sein als bisher erfasst

Bis März sollen noch weitere Erkenntnisse aus den Daten gewonnen werden

Von Nicole Opitz

Antikörper gegen das Coronavirus können im Verlauf einer Sars-CoV-2-Infektion nicht immer zuverlässig nachgewiesen werden. Außerdem ist die Dunkelziffer von Corona-Infizierten höher als die behördlich bekannten Daten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer Studie, die das Robert-Koch-Institut (RKI) im Bezirk Mitte durchgeführt und am Mittwoch vorgestellt hat.

„Die Antikörper können zurückgehen, die Personen können aber trotzdem noch ansteckend sein“, sagte Claudia Hövener vom RKI am Mittwochmittag in einer digitalen Pressekonferenz. So konnten bei 37 Prozent der StudienteilnehmerInnen mit einem positiven Sars-CoV-2-Test im späteren Verlauf keine Antikörper nachgewiesen werden.

Die Studie „Coronamonitoring lokal“ lief vom 17. November bis zum 5. Dezember bundesweit an vier Orten, an denen die Inzidenz besonders hoch war. In Berlin-Mitte nahmen 2.287 Menschen teil. 4,4 Prozent davon wurden im Rahmen der Studie positiv getestet – verglichen mit den behördlich bekannten Daten waren das in Mitte 2,2-mal mehr Menschen, die positiv getestet wurden.

Um die Studie durchzuführen, nahm das RKI Rachenabstriche für PCR-Tests sowie Blutproben und befragte die Teilnehmenden online und telefonisch. Bis März sollen noch weitere Erkenntnisse aus den Daten gewonnen werden, etwa inwieweit Atemnot und andere Spätfolgen mit einer Infektion zusammenhängen könnten und welche Unterschiede es in verschiedenen sozialen Milieus gibt.

„Es ist immer nur ein Zeitausschnitt. Wenn man die Studie drei Monate später macht, kommt etwas anderes raus“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler bei der digitalen Pressekonferenz. Die Antikörperstudie sei dennoch wichtig: „Wir brauchen diese Informationen, um jede Lücke, die wir schließen können, zu schließen“, so Wieler. Er appellierte außerdem, die bestehenden Maßnahmen einzuhalten und sich impfen zu lassen. „Wir können das selbst wuppen zum großen Teil. Lassen Sie uns das machen.“

Die gemeinsame Pressekonferenz des Bezirksamts Mitte und des RKI hatte noch ein Nachspiel: Die ARD kritisierte hernach, dass es ihr nicht gestattet worden sei, die Veranstaltung live zu übertragen. Das Bezirksamt hatte die Ablehnung mit dem Datenschutz begründet: „Nach unserer Auffassung wäre eine Einverständniserklärung aller Teilnehmenden erforderlich, die den Mitschnitt und die anschließende Veröffentlichung einiger Passagen gutheißen müssten.“

Juliane Leopold, Chefredakteurin Digitales von „ARD-aktuell“, kritisiert das: „Wir wollen und müssen die Menschen darüber so gut wie möglich informieren und sie dabei unterstützen, sich selbst ein Bild zu machen“, schreibt sie in einem öffentlichen Statement. „Wir finden einen Präzedenzfall gefährlich, Live­strea­ming einer Pressekonferenz zur Coronalage zu verhindern.“ Auch der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte die Verhinderung des Livestreams durch das Bezirksamt.