Eishockey-WM wurde Belarus entzogen: Peinliches Zaudern

Sportwettbewerbe haben selten die oft beschworene pazifierende Wirkung auf Autokraten. Die IIHF hätte sich im Fall Belarus fast selbst disqualifiziert.

Alexander Lukaschenko und IIHF-Chef René Fasel schütteln sich die Hände

Kürzlich schüttelten sich Alexander Lukaschenko und IIHF-Chef René Fasel noch die Hand Foto: Nikolai Petrov/ dpa

Na endlich, die Kuh ist vom Eis! Nun hat sich die Internationale Eishockey-Föderation (IIHF) doch noch dazu durchgerungen, Belarus die Ausrichtung der diesjährigen Eishockey-Weltmeisterschaft zu entziehen und Staatschef Alexander Lukaschenko sein liebstes Spielzeug wegzunehmen. Welch beeindruckender Sinnswandel! Noch in der vergangenen Woche hatte IIHF-Chef René Fazel in Minsk bei Lukaschenko höchstpersönlich vorgesprochen und sich nicht entblödet, den Autokraten zu umarmen und ihm ausgiebig die Hände zu schütteln – ein Besuch bei Freunden eben.

Doch nach der Absage des Mitausrichters Lettland und angesichts wachsenden politischen Drucks wandelte Fazel schon da auf dünnem Eis. Der Entscheidung nachgeholfen haben dürfte jetzt auch die Androhung dreier gewichtiger Sponsoren, sich von dem Turnier zurückzuziehen. Interessant in diesem Zusammenhang ist, wie die IIHF ihren Schritt begründete. Leider könne das Wohlergehen der Mannschaften, Zu­schaue­r*in­nen und offiziellen Gäste unter den gegenwärtigen Bedingungen nicht sichergestellt werden. Zugegeben: Es wäre ja auch unschön und der Feierlaune abträglich, wenn begeisterte Sportfans mit ansehen müssten, wie Sicherheitskräfte De­mons­tran­t*in­nen in gepanzerte Mannschaftswagen prügeln.

Auch der Satz Fazels, die WM habe als Instrument der Versöhnung dienen und helfen sollen, die politische Situation zu beruhigen, lässt doch stark daran zweifeln, ob der Mann noch bei Sinnen ist.

Dahinter steht jedoch die grundsätzliche Frage, inwieweit Politik und Sport miteinander verknüpft werden sollten. Kri­ti­ke­r*in­nen bemühen gerne das Argument, derartige Wettbewerbe könnten auf die Machthaber auch eine pazifierende Wirkung haben und eine Öffnung der jeweiligen Staaten befördern. Wie gut das klappt, war bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi zu beobachten. Kaum war das olympische Feuer erloschen, verleibte sich Russland die Krim ein.

Die Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja verbucht die WM-Absage vor allem als einen Erfolg der belarussischen Oppositionsbewegung, die auch nach monatenlangen Protesten nicht bereit ist, Lukaschenko das Spielfeld zu überlassen. Da mag etwas dran sein. Das ändert jedoch nichts daran, dass das lange Zaudern der Eishockey-Föderation peinlich und unwürdig war. Doch immerhin ist der IIHF seiner Disqalifizierung gerade noch einmal entgangen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

Mehr Geschichten über das Leben in Belarus: In der Kolumne „Notizen aus Belarus“ berichten Janka Belarus und Olga Deksnis über stürmische Zeiten – auf Deutsch und auf Russisch.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.