Abschied von Stoffmasken: Mach’s gut, kleines Buntes

Noch sind Masken fest verankert in unserem Alltag. Wo es erst bunt im Gesicht war, herrschen jetzt weiße FFP2-Masken vor. Schluss mit Individualität.

Aufgehängte FFP2 - Masken

Uniform für den normalen Bürger: die FFP2 Maske Foto: Imago

Eines schönen Tages werden wir in einem alten Kistchen ­herumwühlen, das bis zum Rand voll ist mit Krimskrams und Erinnerungsstücken aus dem Jahr 2020. Vielleicht ist die Kiste auch ziemlich leer, weil die Kino- und Konzertkarten fehlen, die Flugtickets und Postkarten. Auf jeden Fall aber werden wir unsere Lieblingsmaske finden, also unsere allerliebste Alltagsmaske.

Meine zum Beispiel ist dunkelbraun mit einer Art dunkelblauem Camouflage­muster – und Gott allein weiß, aus welchem alten Vorhang meine Kollegin das Ding genäht hat –, aber mein Herz hängt daran, weil es die erste Maske überhaupt war, die ich besaß, damals, als Masken noch Mangelware waren. Sie war eine Rettung, die mit der Post kam.

Doch schon nach relativ kurzer Zeit wurde die Alltagsmaske für einige zur krea­ti­ven Herausforderung und das eigentlich lästige Masketragen zu einer weiteren Möglichkeit, Fashion- oder gar politische Statements zu setzen. In der queeren Berliner Szene zum Beispiel waren Masken mit Tom-of-Finland-Motiven ein ziemlicher Renner, gefolgt von solchen, die ein klassisches Regenbogenmuster zeigten.

Bald schon warfen Bekleidungshersteller und Modefirmen Behelfsmasken auf den Markt. Von der nüchtern weißen Van-Laack-Maske über mit Pailletten bestickte Exemplare bis hin zu exaltierteren Modellen von Gucci oder Louis Vuitton war alles denk- und im Netz bestellbar. Und auch wenn Karl Lagerfeld nicht mehr in die Verlegenheit kam, über Maskendesign nachzudenken, bleibt ihm doch das posthume Privileg, recht gehabt zu haben: Wer im Alltag Jogginghose trägt, hat die Kon­trol­le über sein Leben verloren. Mehr oder minder ist es ja so gekommen.

Trotz allen Bedrängnissen und Zwängen hatte man aber immerhin noch die Freiheit, auszuwählen, ob man mit dem „kleinen Schwarzen“ oder einem etwas opulenteren, farbenfroheren Modell zum Supermarkt ging, um die Linsenvorräte aufzustocken. Es gab und gibt auch richtige Hinguckermasken zu kaufen, etwa ­Anonymous-Alltagsmasken oder solche, die das Gesicht in eine mexikanische Totenmaske verwandeln.

Pandemie ist, wenn man trotzdem lacht. Doch nun, im grimmigen Corona-Endspurt, ist endgültig Schluss mit lustig. Die neue Pflicht zur sogenannten medizinischen Maske beendet jede Kür. Und jede Individualität. Von nun an ist man also nur noch Teil der Herde auf dem Weg zur Immunität. Wenn es doch bitte bald vorbei wäre.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Die Coronapandemie geht um die Welt. Welche Regionen sind besonders betroffen? Wie ist die Lage in den Kliniken? Den Überblick mit Zahlen und Grafiken finden Sie hier.

▶ Alle Grafiken

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.