Die Wahrheit: Heiliger Gral der Lade zu Atlantis

Alles über die unglaublichen Sensationsfunde der drei alterslosen Minnesänger Peter Maffay, Herbert Grönemeyer und Udo Lindenberg.

Foto: Katz&Goldt

Die Sensation ist perfekt! Wissenschaftler und Theologen aller Länder und Nationen geben sich die Klinke in die Hand, um einen Blick auf das sowohl archäologisch als auch sonst überaus wertvolle Artefakt zu erhaschen, das der sanfte Rebellenbarde Peter Maffay (ca. 65) beim Aufräumen seiner sieben Reihenhauskeller in Halle an der Saale gefunden hat: Der Heilige Gral, dem man nachsagt, er würde ewige Jugend spenden. Dem medienscheuen Künstler ist der Rummel um seine Person und die gesamte Aufmerksamkeit offensichtlich sehr unangenehm. Als er sich der Presse stellt, verbirgt er sein Antlitz vor dem einsetzenden Blitzlichtgewitter fast schüchtern hinter einer großen Sonnenbrille.

Nachdem sich das aufgeregte Geschnatter der angereisten Journalisten endlich gelegt hat, ergreift Maffay zaghaft das Wort: „Ich wollte nur mal entrümpeln. Ich hatte wirklich keine Ahnung, dass der Heilige Gral in meinen sieben Kellern unter alten Farbeimern aus den Fünfzigern herumlag. Was bedeutet das für mich? Werde ich jetzt heiliggesprochen oder verhaftet?“

Diese Frage kann oder will leider keiner der anwesenden Reporter, Schaulustigen und klerikalen Würdenträger genau beantworten. Sicher ist nur, dass Maffays sieben Keller noch allerhand mehr zu bieten haben als den Gral, der ewige Jugend bringt. Das Technische Hilfswerk (THW) hat bereits eine Gruppe von Pfadfindern in die labyrinthartig angeordneten Gewölbe geschickt, die das Terrain weiter erforschen sollen. Der Bundespressesprecher des THW dazu: „Pfadfinder gibt es wie Sand am Meer. Wenn da einer verloren geht, wachsen gleich sieben neue nach.“

Maffays Haushälterin lässt ein Tablett mit alten Weihnachtskeksen herumgehen. Die Aufregung ist auf dem Höhepunkt, als plötzlich eine Tickermeldung die Welt in Aufruhr versetzt: Der Nuschelminnesänger Herbert Grönemeyer (ca. 70) hat beim Renovieren auf dem Dachboden die Bundeslade gefunden, also den Kasten mit den Zehn Geboten, die Gott persönlich einst Moses in die Steintafeln diktiert hat. Schnell eilen die Reporter, Schaulustigen und klerikalen Würdenträger nach Bochum. Die Bundeslade – das ist ja noch zehnmal besser als der Heilige Gral! Grönemeyer hat bereits Lachs- und Leberwurstschnittchen vorbereitet und serviert Asti Spumante dazu. Was für ein Tag!

Schnittchen von Grönemeyer

Doch immer, wenn man denkt, es geht nicht mehr besser, kommt noch viel mehr: Die Reporter, Schaulustigen und klerikalen Würdenträger haben die Grönemeyer-Schnittchen noch nicht ganz aufgegessen, als eine Nachricht die Erde aus ihren Achsen zu heben droht: Udo Lindenberg (ca. 75) hat beim Lustwandeln durch den Hamburger Regen das verschollene Reich Atlantis entdeckt. In einer großen Pfütze. Mit Flugmaschinen, Leviathan und allem Pipapo! Krass! Lindenberg macht ein paar elegante Beinbewegungen und spendiert Likör.

Was hat der Weltgeist mit den drei Sängern vor? Warum hat er sie auserwählt und wofür? Sind sie Weltenretter oder drei apokalyptische Reiter? Die Welt steht Kopf. Eilends werden neue Sekten gegründet und T-Shirts mit lustigen Sprüchen bedruckt. Telefonleitungen laufen heiß, und Wissenschaftler finden nicht eine Minute Schlaf. Es werden neue Geräte entwickelt, und die Geheimdienste aller Nationen wetteifern um die besten Abhörtechniken. Internationale Forscherteams treten sich gegenseitig auf die Füße, und der Papst gemahnt zur Ruhe in einer unruhigen Zeit.

Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika hält sich aus der Sache komplett raus, und auch der Kreml gibt keinen Kommentar ab. Die Bundeskanzlerin lässt verlauten, sie habe gerade anderes zu tun. Die Telefonleitungen kühlen wieder ab, die Wissenschaftler legen sich schlafen, die neuen Sekten lösen sich wieder auf, die Geheimdienste ziehen sich zurück und die Forscherteams wenden sich anderen Gebieten zu.

Tonschale von Maffay

Peter Maffay erklärt lachend, das sei gar nicht der Heilige Gral gewesen, den er gefunden hat, sondern ein Tonschälchen, welches er im Alter von acht Jahren im Bastelunterricht für die hübsche blonde Kati aus der 3a getöpfert habe. Die habe es damals aber nicht annehmen wollen, weil sie mit Jürgen Vennemann zusammen war.

Auch Herbert Grönemeyer rudert zurück: Das sei doch nicht die Bundeslade gewesen, sondern ein altes Katzenklo. Das habe er nur nicht gleich erkannt, weil seine Katze schon so lange verschwunden sei, dass er das Klo eine Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Peinlich sei es ihm aber nicht. Und ob die Schnittchen geschmeckt hätten, möchte er wissen.

Nur Udo Lindenberg bleibt dabei, dass er Atlantis entdeckt hat. Er ist sogar bereit, das versunkene Reich den Reportern zu zeigen. Langsam öffnet er seine Faust. Die Journalisten recken die Hälse. Dann eine hastige Bewegung, Udo stolpert und ruft: „O nein, jetzt ist es runtergefallen, Jetzt ist es kaputt!“ Dabei guckt er wie ein Fuchs. Sieht man ein schelmisches Zwinkern um seine Augen huschen? Oder war es nur ein Spiel von Licht und Schatten?

Wie auch immer, eines ist sicher: Es waren die aufregendsten Momente und schönsten Augenblicke voller Gänsehaut, die uns die drei gesegneten Künstler in ihrer gesamten Laufbahn jemals geschenkt haben. Ohne Zappeln, Nuscheln oder Röcheln. Danke Peter, danke Herbert, danke Udo!

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.