Forderung nach kostenlosen FFP2-Masken: Arm, aber vorbildlich

Während alle Bür­ge­r:in­nen in Bremen kostenlos FFP2-Masken erhalten sollen, unterstützen andere Länder im Norden Ärmere nur geringfügig.

Eine Apothekerin hält eine FFP2-Maske in die Luft

Schützt, aber für viele zu teuer: FFP2-Masken Foto: Friso Gentsch/dpa

HAMBURG taz | Seit Montag gilt fast überall im Norden die verschärfte Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken. Nun wird immer intensiver über die dadurch entstehende Belastung für ärmere Menschen debattiert. „Diejenigen, die bedürftig sind, müssen ihr weniges Geld jetzt in die relativ teuren Masken investieren“, beklagt etwa der Vorsitzende des Sozialverbands SoVD in Hamburg, Klaus Wicher.

Die Rufe von Wohlfahrtsverbänden nach besserer Unterstützung für Arme werden lauter, auch weil die Bundesländer im Norden unterschiedliche Ansichten über den notwendigen Umfang von Hilfe haben.

Im rot-rot-grün regierten Bremen sollen alle Bür­ge­r:in­nen im Alter von 15 bis 59 Jahren kostenlos FFP2-Masken erhalten. „Wir sind überzeugt, dass dies ein pragmatischer und effektiver Beitrag zur Eindämmung des Virus ist“, sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) nach der Entscheidung am Freitag. Per Post will die Stadt fünf Masken pro Person verschicken.

Bei den Über-60-Jährigen sei das nicht nötig, da diese Gruppe bereits mit der Verteilung durch das Bundesgesundheitsministerium versorgt ist. Anfang Februar, wenn auch in Bremen als letztem Land im Norden die verschärfte Maskenpflicht gilt, soll es mit dem Versenden der Masken losgehen.

Geringe Sonderzahlungen

Viel Lob für diese Entscheidung kommt von den grünen, Links- und SPD-Fraktionen in den anderen Nordbundesländern – sofern sie in ihrem Bundesland in der Opposition sitzen.

In Schleswig-Holstein hat die SPD die Landesregierung aufgefordert, alle Bür­ge­r:in­nen des Landes kostenlos mit FFP2-Masken auszustatten. Die Belastungen für die Bür­ge­r:in­nen seien schon hoch. „Deshalb kann der Staat auch nicht kneifen, wenn es darum geht, seine Bürger mit dem bestmöglichen Schutz zu versorgen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Serpil Midyatli.

Diese Möglichkeit sei zwar Medienberichten zufolge in der Landesregierung geprüft worden, allerdings scheint die Idee, wohl auch wegen der hohen Kosten, vom Tisch. Ebenso wie Schleswig-Holstein hat auch die von der SPD angeführte Landesregierung in Niedersachsen noch keine konkrete Unterstützung angekündigt.

Am heutigen Dienstag will die schleswig-holsteinische Landesregierung immerhin eine Bundesratsinitiative auf den Weg bringen, mit der Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, eine monatliche Sonderzahlung von 10 Euro für den Kauf von Masken erhalten sollen. „Die Landesregierung nimmt mit dieser Initiative ihre sozialpolitische Verantwortung für die Schwächeren in der Gesellschaft wahr“, sagt Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP).

In Hamburg gibt's nun 20 Euro

Allerdings dürfte es – sollte der Vorschlag auch bei den anderen Bundesländern auf Zustimmung stoßen – noch einige Wochen dauern, ehe die finanzielle Unterstützung bei den darauf angewiesenen Menschen ankommt: So ist die nächste Sitzung des Bundesrats erst wieder Mitte Februar.

In Hamburg ist es nicht die SPD, die kostenlose FFP2-Masken für alle fordert, sondern die Linkspartei. „Die Behörden müssen sicherstellen, dass Geringverdienende, Hartz-IV-Empfänger:innen, Obdachlose und Geflüchtete weiterhin für ihren täglichen Bedarf einkaufen und den ÖPNV nutzen können“, fordert Stephanie Rose, sozialpolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Hamburger Bürgerschaft.

Wie die SPD in Schleswig-Holstein verweist auch die Linke in Hamburg auf Bremen als Vorbild. Auf ein bisschen mehr Unterstützung können ärmere Ham­bur­ge­r:in­nen allerdings seit Montag bauen.

Der Hamburger Senat hatte beschlossen, die Forderung, die Schleswig-Holstein über den Umweg Bundesrat erreichen will, eigenständig umzusetzen: Empfän­ge­r:in­nen von Leistungen wie Hartz IV sollen für die Monate Februar und März einen Zuschuss von jeweils zehn Euro erhalten, teilte Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) mit. „Die zusätzlichen Kosten sollen Leistungsempfänger nicht zusätzlich belasten“, sagt sie.

Unzureichender Schutz

Dabei ist aus Sicht der Sozialverbände fraglich, ob ein paar wenige Euro Unterstützung überhaupt das Problem auffangen – bei einem Stückpreis von teils bis zu fünf Euro und einer nur zeitlich begrenzt schützenden FFP2-Maske ist das Geld schnell aufgebraucht.

„Kostenlose Masken für Arme sind ohnehin nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Klaus-Dieter Gleitze, Geschäftsführer der Landesarmutskonferenz Niedersachsen (LAK). Betrachte man die gegenwärtige Situation insgesamt, seien kostenlose Masken für Arme als Maßnahme zum Schutz unzureichend. Und angesichts des bürokratischen Aufwands einer Verteilung könne es ohnehin noch dauern, ehe alle Betroffenen Masken erhielten.

Deshalb sollten nun die Hilfen für einen besseren Schutz ärmerer Menschen über die Bereitstellung von kostenlosen Masken hinausgehen: „Sinnvoller wäre daher die sofortige Umsetzung einer Corona-Einmalzahlung zur Abdeckung von seuchenbedingten Mehrausgaben für Arme in Höhe von 1.000 Euro“, sagt Gleitze.

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