Diplomatische Beziehungen mit Taiwan: Washingtons Bärendienst an Taipeh

Kurz vor dem Machtwechsel will die US-Regierung die Beziehungen zu Taiwan stärken. Unklar ist, wie Politiker*innen in Taiwan das finden.

Mike Pompeo steht vor einem Monitor

Will es nochmal wissen: Amtierender US-Außenminster Mike Pompeo Foto: reuters

PEKING taz | Nur Tage vor der geplanten Amtsübergabe von Präsident Trump hat der scheidende US-Außenminister Pompeo angekündigt, die jahrzehntealten Beschränkungen für diplomatische Kontakte mit Taiwan vollständig aufzuheben. „Damit ist jetzt Schluss“, sagte Pompeo. Bislang wird die offizielle Kommunikation zwischen den zwei Regierungen nicht direkt abgewickelt, sondern läuft über das American Institute in Taiwan. Die nun abgeschafften Beschränkungen Washingtons besagen zudem auch, dass Taiwan nicht offiziell als Land bezeichnet werden darf.

Die Maßnahme ist natürlich vor allem eine Botschaft an die chinesische Regierung, die den Inselstaat Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, die wieder ans Mutterland eingegliedert werden solle – notfalls auch mit Gewalt, wie Parteichef Xi Jinping nicht müde wird zu betonen.

Die Staatsführung verlangt seit jeher von seinen diplomatischen Partnern, offizielle Kontakte mit der Regierung in Taipeh zu unterbinden. Dementsprechend drastisch fiel die Replik Pekings aus: „Wir wissen, dass jene antichinesischen Politiker in den USA einen hohen Preis für ihr Fehlverhalten bezahlen werden“, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Vor allem aber könnte sich der Zorn Pekings auch direkt auf den Inselstaat richten.

Seit die überaus populäre, Peking-kritische Präsidentin Tsai Ing-wen im Jahr 2016 regiert, hat China seinen Druck auf Taiwan verschärft. Die Angst innerhalb der Bevölkerung von 23 Millionen vor einer möglichen Militärinvasion der Volksbefreiungsarmee ist deutlich gestiegen – auch aufgrund der Entwicklungen in Hongkong, wo Peking die Opposition seit diesem Sommer fast vollständig niedergeschlagen hat.

Die Trump-Regierung hat andere Ziele

Nach außen jedoch fällt die Reaktion Taipehs positiv aus. Taiwans Regierungsvertreterin in den USA, Hsiao Bi-khim sprach von einem „großen Tag für unsere bilateralen Beziehungen. Jahrzehnte der Diskriminierung sind beseitigt“. Auch von der politischen NGO „US-Taiwan Watch“ heißt es euphorisch, „die Normalisierung der bilateralen Beziehungen zu Washington haben einen deutlichen Schritt nach vorne genommen“.

Dennoch darf bezweifelt werden, ob sich Taipeh tatsächlich noch auf die Trump-Regierung verlassen kann. Bereits weite Teile der Protestbewegung Hongkongs hatten ihre Hoffnung auf den scheidenden US-Präsidenten gesetzt, der als einer der wenigen Staatschefs Tacheles gegenüber Pekings repressiver Machtpolitik gesprochen hatte. Dabei war auch der Demokratiebewegung in der Finanzmetropole durchaus klar, dass es Trump weniger um die Freiheitsrechte der Demonstranten geht als um seinen China-Kurs.

Die Entscheidung Washingtons erfolgt ohnehin zu einem denkbar heiklen Zeitpunkt, schließlich soll am 13. Januar die amerikanische UN-Botschafterin Kelly Craft zu einem umstrittenen Besuch nach Taipeh aufbrechen. Und die bilateralen Beziehungen sind so angespannt wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

Schwieriges Erbe

Der ehemalige Regierungsbeamte im US-Verteidigungsministerium, Drew Thompson, zeigte sich zwiegespalten über die Ankündigung seines einstigen Arbeitgebers. Der Ansatz sei zwar richtig, doch dessen Zeitpunkt und Umsetzung falsch, schreibt Thompson auf Twitter: „Ich weiß nicht, ob bei der Entscheidung die negativen Auswirkungen auf Taiwan berücksichtigt wurden.“ Vor allem könne die Ankündigung in nur wenigen Wochen ohne Aufwand wieder rückgängig gemacht werden, was Peking einen großen Anreiz gäbe, Druck auszuüben.

Der chinesisch-amerikanische Publizist Kaiser Kuo schreibt hingegen, dass es der US-Regierung vornehmlich darum ginge, dem künftigen Präsidenten Joe Biden einen weiteren Stein in den Weg zu legen. Während sich Außenminister Mike Pompeo nun vor seinem Wahlvolk stolz auf die Brust trommeln könne, sei für seinen Nachfolger Anthony Blinken die hochkomplizierte geopolitische Lage in der Region noch vertrackter geworden.

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