Mehr Spielraum für Joe Biden

Dank der knappen demokratischen Mehrheit im Senat können Republikaner nicht mehr alles blockieren

Von Stefan Schaaf

Joe Biden muss am Mittwoch ein Felsbrocken vom Herz gefallen sein, als klar wurde, dass auch John Ossoff einen Senatssitz für Georgia erobert hatte. Zwei Sitze hatten die Demokraten somit nachträglich gewonnen und stellen nun 50 SenatorInnen, genauso viele wie die Republikaner. Vizepräsidentin Kamala Harris kann bei einem Patt mit ihrer Stimme den Ausschlag geben.

Für Mitch McConnell, seit sechs Jahren republikanischer Mehrheitsführer im Senat, war es hingegen ein schwarzer Tag. Seine Rolle als Bollwerk gegen Vorhaben der Demokraten im Kongress, die er mit großer Beharrlichkeit ausfüllte, wird er nicht mehr weiter spielen können. Dies beginnt schon bei Entscheidungen über die Tagesordnung im Senat. Worüber dort demnächst beraten wird, bestimmt fortan Chuck Schumer, der Demokrat aus New York, beziehungsweise seine Parteikollegen, die den Ausschüssen vorstehen.

McConnell wird auch die KandidatInnen Joe Bidens für das Kabinett und viele andere hohe Regierungsposten, die vom Senat gebilligt werden müssen, nicht mehr blockieren können. Das gilt ebenso für frei werdende Sitze an den Bundesgerichten im gesamten Land und für den Supreme Court.

Es ist deshalb nicht ganz richtig zu sagen, die beiden jetzt gewonnenen Senatssitze ermöglichen es Biden, leichter regieren zu können. Sie ermöglichen ihm, überhaupt regieren zu können. Denn die bislang von Trump gekaperte Republikanische Partei im Kongress hat sich in den vergangenen vier Jahren jeder Zusammenarbeit verweigert und lieber zugelassen, den Regierungsapparat stillzulegen, als nachzugeben.

Alles, was Biden und Harris sich vorgenommen haben, beim Klimaschutz, in der Sozial- und Steuerpolitik, bei der Gesundheitsreform oder der Förderung der Wirtschaft, hängt davon ab, in beiden Kammern des Kongresses Mehrheiten für die dafür nötigen Gesetze zu bekommen. Das setzt voraus, dass die demokratischen Abgeordneten und SenatorInnen geschlossen hinter ihrem Präsidenten stehen. Biden weiß nur zu genau, dass er damit nicht rechnen kann.