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: Hau- und Stechbrücke

Dass er in Helmut Schmidts „Hausapotheke“ anzutreffen ist, jenen Büchern im Langenhorner Arbeitszimmer, die der Altkanzler zur Orientierung in wesentlichen Fragen konsultiert haben soll: nicht unwahrscheinlich. Aber haben heutige, derzeit in Hamburg Verantwortung Tragende am Ende auch ihren Machiavelli gelesen? Der Florentiner Philosoph (1469–1527) gilt zumindest manchen Historiker:innen als, tja, Vater von „divide et impera“, übersetzt für germanische Waldmenschen: „teile und herrsche“.

Nachzuweisen ist die da im Lateinlehrer:innenbonmot formulierte Methode, gegnerische Bündnisse zu knacken, um ihrer leichter Herr zu werden, schon dem alten Rom. Und sie scheint dieser Tage in Altona am Werk, im Konflikt um die Sternbrücke. Mit der Ankündigung eines „Clubhauses“ auf städtischem Grund erhalten die akut bedrohten Musikclubs unter der Brücke und um sie herum eine konkrete Option, doch bleiben zu dürfen – und prompt lassen sich zumindest einige Betreiber:innen dahingehend zitieren, dass sie die Planung vielleicht immer noch nicht als Gipfel der Transparenz betrachten, aber eben damit leben können.

Das schwächt, da gibt es wenig zu deuteln, den Widerstand gegen die „Monsterbrücke“: Die zu klärende Zukunft von Waagenbau, Fundbureau und Astra-Stube, seltener etwa auch der Beat Boutique, stiftete Abriss- und Neubaugegner:innen mindestens so gute Argumente wie die Architekturkritik, zu der sich plötzlich so viele berufen sahen. Dass es die Clubs auch erwischen würde, würde stattdessen die bestehende Brücke saniert: geschenkt.

Da wirkt es umso verzweifelter, wenn nun das Künstlerhaus Faktor, ansässig just auf jenem städtischen Grundstück, stänkert: Ausgerechnet für einen „Techno-Partytempel“ soll man weichen? Pfui! So schnell also werden aus angeblich naturwüchsigen, unbedingt schützenswerten Quartierstreffpunkten Niederlassungen des Grundfalschen? Ein Weltbild wie das von Lateinlehrer:innen.

Alexander Diehl