corona in bremen
: „Wir streamen jetzt auch Trauerfeiern“

Foto: Trauerraum

Heiner Schomburg 58, ist Bestatter und seit 2010 Inhaber des Bestattungsunternehmens Trauerraum.

Interview Sebastian Krüger

taz: Herr Schomburg, wie haben Sie das Jahr 2020 erlebt?

Heiner Schomburg: Es war ein bewegendes Jahr. Als es im März mit Corona losging, wussten wir noch nicht, was auf uns zukommt. Die Bilder aus Italien sind durch die Medien gegangen mit überfüllten Krankenhäusern und LKW voller Verstorbener. Soweit ist es hier zum Glück nicht gekommen, aber wir hatten uns darauf eingestellt, viel zu tun zu haben.

Haben Sie Menschen bestattet, die an Covid-19 gestorben sind?

Ja, zwei.

Was mussten Sie dabei beachten?

Da gelten besondere Hygienevorschriften. Aufbahrungen sind nicht mehr möglich, die Hinterbliebenen können den Verstorbenen also nicht noch einmal sehen. Wenn wir den Verstorbenen anziehen und bewegen, muss er einen Mundnasenschutz tragen, der mit Desinfektionsmittel getränkt ist. Durch die Bewegung des Körpers bewegt sich auch die Lunge, und so können Aerosole entweichen. Wir tragen währenddessen einen Vollschutz am ganzen Körper. Der Verstorbene wird anschließend in einem Leichensack aus Plastik in den Sarg gelegt. Darüber kommt ein Baumwolltuch, das ebenfalls mit Desinfektionsmittel getränkt ist. Am Ende wird der ganze Sarg noch einmal desinfiziert und fest verschlossen.

Hat Corona die Arbeit mit den Angehörigen verändert?

Im Grunde müssen wir uns immer auf neue Situationen einstellen, weil wir individuell und flexibel vorgehen. Wir stoßen immer wieder auf neue Verstorbene, neue Angehörige, neue Wege und neue Wünsche, auf die wir uns einlassen müssen.

Wie wirken sich die Vorschriften auf Trauerfeiern aus?

In die Kapellen passen normalerweise bis zu 150 Gäste. Jetzt sind sie auf 25 Personen begrenzt. In Absprache mit den Angehörigen haben wir draußen Lautsprecher, Stühle, Blumen und ein Bild aufgestellt. Drinnen findet die Feier im Familienkreis statt, und vor der Tür können auch die anderen Gäste mithören. Damit konnten wir einiges auffangen. Wir können Trauerfeiern auch ganz im Freien abhalten. Das ist natürlich wetterabhängig, aber bei Beisetzungen im Friedwald mussten wir auch schon im strömenden Regen stehen. Außerdem haben wir jetzt auch die Möglichkeit, die Trauerfeier über das Internet zu streamen.

Das ist praktisch für Menschen, die sonst nicht zur Trauerfeier kommen können, oder?

Genau, so können auch Gäste in Seniorenheimen oder im Ausland die Feier verfolgen.

Gab es das auch schon vor der Pandemie?

Nein, das wäre kaum denkbar gewesen. Aber jetzt ist es normal.

Haben Bestatter das ganze Jahr über gleich viel zu tun?

Es gibt immer Schwankungen. Von September bis November ist es viel. Zu Weihnachten wird es weniger und von Januar bis März meist wieder mehr. Warum das so ist, kann ich Ihnen nicht sagen. Vielleicht hängt es mit Weihnachten zusammen. Man hat schon etwas Einfluss darauf, wann man stirbt. Wir hatten vor ein paar Wochen eine Phase, in der wir keine neuen Aufträge erhalten haben. Da konnten wir uns um Aufgaben kümmern, die sonst hinten runterfallen. Es gibt aber auch Zeiten, in denen wir Aufträge ablehnen müssen, weil wir keine Kapazitäten mehr haben. Wir dürfen keine Fehler machen. Wir dürfen bei einer Trauerfeier kein Bild vergessen. Und wir dürfen nicht vergessen, den Ring eines Verstorbenen abzunehmen, bevor er eingeäschert wird. Das wäre eine Katastrophe. Deshalb nehmen wir nicht mehr Aufträge an, als wir bewältigen können.