Wandel in Bosnien und Herzegowina: CSU-Mann bringt neue Perspektive

Der ehemalige Landwirtschaftsminister Christian Schmidt soll neuer Hoher Repräsentant für das Balkanland werden – und es aus der Misere führen.

Ein Mann läuft in eine Decke eingewickelt durch den Schnee

Nach dem Brand im Lager Lipa sind Flüchtlinge dem Schnee ausgeliefert Foto: Kemal Softic/ap

SARAJEVO taz | Der ehemalige Landwirtschaftsminister und CSU-Politiker Christian Schmidt soll Hoher Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft in Bosnien und Herzegowina werden und damit den Österreicher Valentin Inzko von diesem Posten ablösen.

Mit dem Personalwechsel deutet sich auch eine neue Politik der internationalen Gemeinschaft gegenüber dem Balkanstaat an. Vor allem Deutschland, die neue Administration der USA und Brüssel wollen das Land aus der konstitutionellen und wirtschaftlichen Misere befreien und die Weichen für die Aufnahme des Landes in die EU stellen.

Das Land soll grundlegend reformiert werden, heißt es aus diplomatischen Quellen. Der noch amtierende Hohe Repräsentant Inzko und sein Vorgänger Christian Schwarz-Schilling haben in den letzten Monaten bereits die Richtung dafür vorgegeben. Die Herrschaft korrupter nationalistischer Politiker müsse schon kurzfristig eingeschränkt werden, fordern beide. Das Justizsystem müsse grundlegend reformiert werden, Kriegsverbrechen sollten nicht mehr verherrlicht werden können. Langfristig sollte die Verfassung des Landes nach europäischem Recht gestaltet werden. Christian Schmidt soll nach Wünschen aus Berlin, Brüssel und Washington mit frischer Energie ans Werk gehen.

Das Amt des Hohen Repräsentanten wurde mit dem Friedensvertrag von Dayton vor 25 Jahren installiert, um die Umsetzung des Vertrages, der gleichzeitig die Verfassung des Landes darstellt, zu überwachen. Bestellt und kontrolliert wird der Hohe Repräsentant vom sogenannten Peace Implementation Council (PIC), dem 55 Staaten und internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen, die OSZE oder die Weltbank angehören.

Dem Kanzleramt ist es gelungen, Russland in eine neue Strategie einzubinden

Vor allem Russland, das sowohl im PIC wie auch im Weltsicherheitsrat vertreten ist, hat sich bis dato geweigert, die Institution des Hohen Repräsentanten weiter zu erhalten – vor allem aus Rücksicht auf die serbischen Nationalisten in Bosnien und Herzegowina, die ihre Macht nicht eingeschränkt sehen wollen. So wurde die Neuwahl eines Hohen Repräsentanten unmöglich und der Österreicher Inzko blieb mehr als 10 Jahre im Amt.

Er hatte während dieser Zeit allerdings nur wenig Rückendeckung durch die internationale Gemeinschaft. So konnte Inzko die sogenannten Bonn Powers, die ihm die Möglichkeit geben, Politiker, die „gegen den Geist des Abkommens von Dayton verstoßen“, einfach abzusetzen, nicht anwenden.

Das soll jetzt alles anders werden. Denn nach Informationen aus diplomatischen Kreisen ist es Angela Merkel und dem Kanzleramt gelungen, Russland in eine neue Strategie einzubinden. Für Russland wäre es unmöglich, einem Amerikaner grünes Licht zu geben, was vor allem die bosnische Öffentlichkeit in Sarajevo gewünscht hat. Der 63-jährige CSU-Politiker Christian Schmidt könnte aber von Russland akzeptiert werden, heißt es aus diplomatischen Quellen.

Nach der Fluchtbewegung von Zehntausenden vor allem jungen Menschen in Richtung Westeuropa, weil sie den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Stillstand nicht mehr ertragen wollen, haben Brüssel, die USA und Deutschland jetzt offenbar den ernsthaften Willen, im Land Veränderung voranzutreiben.

Die Personalie des Bundestagsabgeordneten Christian Schmidt, der im außenpolitischen Ausschuss des Bundestages sitzt, war schon seit Längerem im Gespräch. Der ehemalige Landwirtschaftsminister verfügt über Kontakte nach Osteuropa und Russland und war mehrmals in Bosnien. Aber noch muss er voraussichtlich im Frühjahr mit dem Segen Russlands vom PIC gewählt werden.

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