wankender turm
: Der Scholztower soll weg

An Hochhäusern kann man sich wunderbar argumentativ hochranken. Die Doofen sind immer die anderen: geschichtsvergessene Verräter an der Stadtsilhouette – oder fortschrittsfeindliche Provinzmiefel.

Erstaunlich, dass der Elb­tower ohne große Debatte politisch abgesegnet wurde. Vielleicht auch, weil der 245-Meter-Turm sich mit so viel Abstand von der Hafencity in den Himmel recken soll, dass er keinen Schatten auf Investments werfen wird. Betroffen sein werden allenfalls ein paar ­Rothenburgsorter, deren Wohnumfeld „aufgewertet“ wird, mit allen Folgen, die das für Nicht-Kapitalbesitzer hat. Aber die, also die Rothenburgsorter und die Nicht-Kapitalbesitzer, haben in Hamburg nicht die größte Verhandlungsmacht.

Doch vor ein paar Tagen bemerkte ein Bürger auf abgeordnetenwatch.de, dass die ­Signa Prime Selection AG des Investors René Benko noch mehr (Büro-)Fläche bauen will als vereinbart. Eigentlich müsste dann auch der Kaufpreis für das Grundstück steigen, damit der Extraprofit nicht bei Benko allein landet. Im Vertrag steht aber ein Festpreis. Sieht aus, als hätte die Stadt nicht gut verhandelt.

Markus Schreiber, SPD-Abgeordneter und selbst Immobilienentwickler, antwortete, das sei ein Thema für den Haushaltsausschuss. Im Hamburger Abendblatt pocht Schreiber nun darauf, dass ­Signa für eine Baugenehmigung 30 Prozent der Flächen vorab vermietet haben müsse – leider gerade schwierig, da die meisten Unternehmen wegen der Coronakrise Büroflächen abbauen.

Der CDU stellt sich gar die Frage, ob ein solcher Büroturm unbedingt gebaut werden müsse, so Finanzpolitiker Thilo Kleibauer. Huch? CDU-Stadtentwicklungssenator Michael Freytag war doch einst eigens nach Chicago gereist, um sich Inspirationen für ­Skyscraper zu holen.

Die neue Skepsis könnte damit zu tun haben, dass der Elbtower so sehr Vermächtnis von Alt-Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ist, dass er im Volksmund „Scholztower“ heißt. Was gäbe es Schöneres, als ein Symbol für sozialdemokratischen Größenwahn zu Fall zu bringen?

Und Schreiber? Der war einst Bezirksamtsleiter, dem Ambitionen auf das Bürgermeisteramt nachgesagt wurden. Stattdessen musste er unter Scholz seinen Hut nehmen. Noch Fragen? Jan Kahlcke