PLANSCHEN IM KANAL
: Ist das geil

Bier, Zigaretten und die notwendige Portion Angst

Am Kanal in Kreuzberg sitzt man häufig dann, wenn es dringende Existenzfragen und Komplexitäten zu besprechen gibt. Bier, Zigaretten und die notwendige Portion Angst, doch irgendwann mal ins Wasser zu stürzen, sind dabei, als plötzlich keine fünf Meter von unseren Füßen ein großer Männerkörper ins Wasser kracht.

Kreischend taucht der Körper wieder auf, schreit: „ist das geil“, planscht umher, prustet, schreit immer wieder „geeeeiiiiil“ und besinnt sich irgendwann, dass es klug wäre, auf die andere Seite zu schwimmen, zur Treppe, die aus dem Wasser führt. Auf der Treppe sitzt allerdings eine auf die kanalbreite Entfernung etwas streng aussehende junge Frau, die gar nicht erfreut davon scheint, jetzt womöglich interagieren zu müssen.

Was auch prompt auf sie zukommt, nachdem der männliche massige Körper den Weg aus dem Wasser geschafft, die Jeans einigermaßen über die Kimme hochgezogen und dem Kiez und vor allem seinen auffällig stillen Kumpels auf der anderen Seite noch einmal mitgeteilt hat, „wie geil“ das denn sei. Was genau er meint, ist nicht auszumachen – ob es nun sein Zustand, der ganz offensichtlich was mit Bier zu tun hat, oder das brackige Wasser des Kanals ist oder irgendwas in seinem Kopf.

Schließlich will der männliche Körper eine Zigarette von der jungen Frau, die er auch bekommt, schafft es allerdings nicht, sich Feuer geben zu lassen, weil laut gröliges Lachen ihn erschüttert. Irgendwann kommt der Körper wieder zur Ruhe, nur um der jungen Frau völlig unvermittelt und laut ins Gesicht zu brüllen: „Bist du auch bei Facebook?“ Um sich dann wieder diesem irren Lachen hinzugeben. Eine Antwort erwartet er offensichtlich nicht. Gar nicht so blöd.

Sie geht. Und sie werden sich wohl nie wieder sehen, der laute männliche Körper und die junge strenge Frau. FRAUKE BÖGER