Klimaziel für 2020 in Berlin erreicht: Die 40 Prozent sind geknackt

Gute Nachrichten aus dem Statistikamt: Der CO2-Ausstoß in Berlin ist stärker gesunken als vorgeschrieben. Allerdings reicht das noch lange nicht aus.

Schornsteine und Autobahn in der Nacht

CO2-Schleudern auf allen Ebenen Foto: dpa

Nein, es ist nicht der Corona-Effekt: Berlins CO2-Emissionen sind deutlich gesunken und haben das für 2020 anvisierte Reduktionsziel sogar unterschritten – und zwar schon im Jahr 2019. Voller Stolz verkündete Wirtschafts- und Energiesenatorin Ramona Pop (Grüne) am Donnerstag, dass die Minderung beim landesweiten Kohlendioxidausstoß laut der vorläufigen Berliner Energie- und CO2-Bilanz im vergangenen Jahr um 40,7 Prozent unter dem Vergleichsjahr 1990 lag. Gemäß Berliner Energiewendegesetz müssen 40 Prozent bis 2020 erreicht werden.

Wie Pops Verwaltung mitteilte, sind die CO2-Emissionen im Zeitraum 2017–2019 um über 1,9 Millionen Tonnen zurückgegangen. Dies sei insbesondere durch den vom Senat eingeleiteten Kohleausstieg sowie die vielfältigen Maßnahmen des Berliner Energie- und Klimaprogramms 2030 (BEK) gelungen. Im Jahr 2017 war Berlins letztes Braunkohlekraftwerk – das Heizkraftwerk Klingenberg in Rummelsburg – auf Erdgas umgestellt worden. Auch im Heizkraftwerk Reuter in Siemensstadt endete die Steinkohleverfeuerung, allerdings erst im Oktober 2019. Laut Energiewendegesetz soll bis Ende 2030 die Nutzung von Steinkohle in Kraftwerken gänzlich enden.

Laut Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, auf das sich die Senatsverwaltung bezieht, sind die CO2-Emissionen des Jahres 2019 um 6,7 Prozent gegenüber 2018 zurückgegangen. Diese Reduktion fiel vor allem in den Bereichen Private Haushalte, Gewerbe, Dienstleistungen (-8,9 Prozent) und Verarbeitendes Gewerbe (-17,3 Prozent) hoch aus, dagegen blieb der Kohlendioxidausstoß im Verkehrssektor konstant (+0,5 Prozent).

All das, obwohl die Berliner Bevölkerung im beobachteten Zeitraum um knapp 1 Prozent und die Wirtschaft um 3 Prozent gewachsen ist. „Darauf können die Berlinerinnen und Berliner stolz sein“, sagte Pop. Die Senatorin bedankte sich ausdrücklich bei den Unternehmen: „In der Wirtschaft sind überdurchschnittliche Reduktionen erfolgt. Die konsequente Ausrichtung auf Klimaschutz zahlt sich aus.“ Dennoch werde man sich „auf diesen guten Zahlen nicht ausruhen“, so Pop weiter.

Mindestens 85 Prozent bis 2050

Das geht auch gar nicht, denn das Energiewendegesetz verpflichtet den Senat zur Senkung der CO2-Emissionen bis 2030 um mindestens 60 Prozent und bis 2050 um mindestens 85 Prozent im Vergleich zu 1990. Und als die Landesregierung vor einem Jahr die „Klimanotlage“ ausrief, gab sie das Versprechen ab, das Reduktionsziel für 2050 noch deutlich früher zu erreichen. Einen weiteren Baustein hat Pops Verwaltung gerade auf den Weg gebracht: das Solargesetz Berlin, das die Ausstattung von Neubauten mit Photovoltaikanlagen zur Pflicht erhebt.

Profitiert hat Berlins Bilanz allerdings auch von der Veränderung des deutschlandweiten Strommixes hin zu erneuerbaren Energien. Nach Zahlen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme hatte sich deren Anteil an der Nettostromerzeugung – dem Strommix, der aus der Steckdose kommt – von 40,6 Prozent im Jahr 2018 auf 46 Prozent erhöht. Das senkt rechnerisch auch den CO2-Ausstoß durch Stromverbrauch im Land Berlin.

Der klimaschutzpolitische Sprecher der Grünenfraktion, Georg Kössler, freut sich über das erreichte Ziel, will es aber nur als „erstes Ausrufezeichen für die Klimapolitik unserer Koalition“ verstehen: „Wir müssen das als Ansporn begreifen und die Klimaziele weiter verschärfen“, sagte er. Die anstehende Novelle des Energiewendegesetzes sei „unsere Chance, Berlin zumindest auf dem Papier auf einen 1,5 Grad Pfad zu bringen“. Im Verkehrssektor bedürfe es weiterer „mutiger Maßnahmen“ – etwa eines „mittelfristigen Enddatums“ für fossile Verbrennungsmotoren.

In einer ersten Fassung dieses Artikels heiß es, die CO2-Emissionen seien von 2017 bis 2018 um jährlich 5 Millionen Tonnen gesunken. Das ging auf einen Fehler in der Pressemitteilung der Senatsverwaltung zurück, der mittlerweile korrigiert wurde. An den prozentualen Verhältnissen ändert sich jedoch nichts.

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