Stadtteilinitiative muss weichen

Das „Vor-Ort-Büro“ in St. Georg steht vor dem Aus. Der Mietvertrag des Sozialtreffpunkts wurde gekündigt

„Warum eine funktionierende Einrichtung ersetzt werden soll, ist für uns unverständlich“

Ulrich Gehner, Vor-Ort-Büro Hansaplatz e. V.

Von Lukas Gilbert

Seit fünf Jahren betreiben Ehrenamtliche das „Vor-Ort-Büro“ in St. Georg. Direkt am Hansaplatz finden Kinoabende statt, im Comicbüro treffen sich Zeichenfans und es gibt Deutschkurse für Geflüchtete. „Gerade die Arbeit mit Geflüchteten hat in den letzten Jahren eine immer größere Rolle eingenommen“, sagt Ulrich Gehner vom Trägerverein. Um die 30 Menschen kämen regelmäßig zum Sprachkurs.

Momentan ist das Vor-Ort-Büro wegen der Coronabeschränkungen geschlossen. Die Ehrenamtlichen würden aber gern möglichst bald wieder loslegen. Ob daraus etwas wird, ist aber unklar. Mitte des Jahres flatterte dem Verein eine Kündigung ihrer Baugenossenschaft BGFG ins Haus. Die Räume würden für die Umsetzung eines Projekts mit dem Bezirksamt benötigt, heißt es in dem Schreiben, das der taz vorliegt. Ende des Jahres soll das Vor-Ort-Büro raus sein. Eigentlicher Grund für die Kündigung ist laut Frank Gerken, Prokurist bei der BGFG, aber nicht die Zusammenarbeit mit dem Amt, eine Entscheidung darüber sei noch gar nicht getroffen. Vielmehr seien „Störungen im Mietverhältnis“ der Auslöser. Gehner weiß von solchen Störungen nichts – und als Grund für die Kündigung seien ihm solche auch nicht genannt worden.

Bezirksamtsleiter Falko Droßmann (SPD) hatte seine Pläne für eine neue Sozialberatung am Hansaplatz schon im März vorgestellt. „Wir wollen so ganz gezielt auf die Probleme der Menschen im Stadtteil eingehen, die durch Kameraüberwachung oder Polizeipräsenz nicht gelöst werden können“, sagte er damals gegenüber der Mopo. Vom Bezirksamt heißt es, Grundlage für die neue Beratungsstelle sei eine Bürgerschaftsdrucksache, die auf die Schaffung von Straßensozialarbeit für „alkoholkonsumierende Menschen mit besonderen Schwierigkeiten“ abzielt. Und zwar explizit am Hansaplatz: „Die Lage des jetzigen Vor-Ort-Büros erfüllt dieses Kriterium unzweifelhaft, weshalb wir mit dem Eigentümer des Objekts im Gespräch sind.“

Auch wenn Gehner kein Problem mit Sozialberatungsstellen hat: „Warum eine funktionierende, ehrenamtlich getragene Einrichtung ersetzt werden soll, ist für uns völlig unverständlich.“ Insbesondere weil das Klischee vom Hansaplatz als Drogen-Hotspot veraltet sei. Die Angebote für Geflüchtete würden die Bedarfe vor Ort sehr viel besser abdecken.

Vom Bezirksamt gebe es zwar eine mündliche Zusage, dass die Angebote des Vor-Ort-Büros weiterlaufen könnten, wo das stattfinden solle, sei aber unklar.