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: Was die Bürger nicht zu interessieren hat

Vor einer Woche hat die taz aufgedeckt, dass Hamburgs Bürgerschafts-Ausschüsse künftig die Presse aussperren. Jedenfalls, wenn sie in der nun wegen Corona häufigen Form einer Videokonferenz tagen. Nur bei „öffentlichem Interesse“ und nur, wenn eine ganze Reihe von Personen und vor allem die Grünen und die SPD zustimmen, darf die Presse zuschauen. Die Anfrage von Journalisten allein reicht nicht aus.

Sogar der Deutsche Journalistenverband Hamburg protestierte. Andere Landesparlamente sperren die Medien nicht aus. Doch in Hamburg spielen SPD und Grüne nun die Rolle einer Art „Programmdirektion“, die das öffentliche Interesse verwaltet.

Die Einladungen, die in dieser Woche eintrudelten, geben ein bizarres Bild. Das öffentliche Interesse scheint mal ganz plötzlich da, mal ein scheues Reh zu sein. Der Sportausschuss etwa ging voll auf Sendung. Die Sitzung zur Frage „Wie kommt der Sport durch die Corona­pandemie?“ konnten alle im Livestream schauen. Nach dem Motto: Sport geht immer. Der nächste Gesundheitsausschuss dagegen ist „nicht öffentlich“ – so als ob „Aktuelle Entwicklungen und Maßnahmen zur Coronakrise“ das Volk nicht interessierten.

Noch weniger verständlich die Einladung zum Schulausschuss am 3. Dezember. Hier liegt das „öffentliche Interesse“ nach Witterung der Ausschuss-Obleute gerade im Tiefschlaf. Dabei heißt TOP eins „Schule in Zeiten von Corona“ und Senator Ties Rabe (SPD) ist dabei. Und nach Wahrnehmung dieser Redaktion reden die Leute gerade von fast nichts anderem.

Nun beantragt die Linke, dass der Schulausschuss doch öffentlich ist. Wir sind gespannt. Beim Stadtentwicklungsausschuss wurde das jüngst abgelehnt. Linke berichten, sie würden immer tapfer die Zulassung der Presse fordern und dann an SPD und Grünen scheitern. Nun gibt es Montag früh dazu ein Gespräch im Ältestenrat mit der Bürgerschaftspräsidentin – vielleicht die Gelegenheit für eine kleine Schulung zur Pressefreiheit. Kaija Kutter