Rechtsextreme Propaganda in der Apotheke: Ungesunder Gesundheitsversorger

Die Apothekenkammer beschäftig sich mit einem Apotheker, der in seinem Schaufenster in Uetersen rechtsextreme Propaganda verbreitete.

Eine Tragetasche mit dem Apotheken-Logo.

Sollte eigentlich ein Zeichen für Vertrauenswürdigkeit sein: Das Apotheken-“A“ Foto: dpa

HAMBURG taz | „Esst deutsches Obst“ – der Appell mit dem doppelten S in Siegrunenfraktur könnte eine ironische Überspitzung einer antifaschistischen Intervention sein. Von der „Front Deutscher Äpfel“ vielleicht?

Aber der Aufruf zur bewussten Ernährung prangte auf einem Plakat im Schaufenster einer Apotheke. Seit Jahren fallen rechten ­Positionierungen in der „Sonnen-Apotheke“ in ­Uetersen auf. „Hier endet die politisch korrekte Zone“ oder „Umweltschutz bedeutet Heimatschutz“ war dort schon auf Zetteln und Aufklebern zu lesen. Dazu ein Hinweis zum Onlineversand „Patrioten Propaganda“ eines Funktionsträgers der rechtsextremen Kleinstpartei „Die Rechte“. Nun befasst sich die Apothekerkammer Schleswig-Holstein mit dem Apotheken­inhaber Alexander Lipski.

Schon 2016 hatte die Antifa Pinneberg auf die „erweitere Produktpalette“ in der Apotheke hingewiesen. Der Initiative waren Flyer der AfD in den Räumlichkeiten aufgefallen. Kaum hatte die lokale Presse nachgefragt, verschwanden die AfD-Materialen. Doch weitere rechte Bekenntnisse folgten.

Am Dienstag ist der Inhaber am Telefon gegenüber der taz aufgebracht und deutlich: „Das ist eine große Verleumdungskampagne, von ganz bösen und schlechten Menschen“, sagt er. Im Zuge der Debatte habe er aber neue Kunden gewonnen. Mehr wolle er dazu nicht sagen – und auch nicht bestätigen, der Inhaber zu sein.

Staatsanwaltschaft eingeschaltet

Eine Kampagne – das klingt nach zu Unrecht erhobenen Beschuldigungen. Mehrere Aufnahmen, die der taz vorliegen, belegen allerdings die politischen Präsentationen in der Apotheke. Im Schaufenster ist ein Schild aus der NS-Zeit zu sehen: Der „Reichsausschuss für volkswirtschaftliche Aufklärung“ ermuntert die Volksgenossen darauf, mehr Vollkornbrot zu essen.

Ein anderes Schild trägt die Aufschrift „Organspende Nein Danke“. Mit Organspenden werde nur eine angebliche Elite bedient, während andere Menschen nur Ersatzteillager seien, heißt es in rechten Diskursen. Schilder und Aufkleber mit solche Botschaften bekommt man zum Beispiel im Online-Shop von Sven Liebich, Kader des verbotenen Netzwerks „Blood & Honour“ und neuerdings „Corona-Rebell“.

Die Apothekerkammer hat eine Begutachtung durch die Staatsanwaltschaft Lübeck eingeleitet. „Wir können nicht gegen unsere eigenen Mitglieder vorgehen“, sagt Karl-Stefan Zerres, Justiziar der Kammer, in der über 3.600 Apotheker*innen organisiert sind. In einem ersten Schritt müsse die Staatsanwaltschaft feststellen, ob die Apotheke die Grenze zur Strafbarkeit überschritten habe. Hierbei sei auch abzuwägen, inwieweit in solchen Räumen das Verbreiten privater Meinungen zulässig sei. Sollte keine Strafbarkeit erkennbar sein, müsse der Kammervorstand dennoch überprüfen, ob Verstöße gegen das Berufsrecht vorlägen.

Nach dem Apothekenrecht haben Apotheker*innen den öffentlichen Auftrag, die Bevölkerung mit Arzneimitteln zu versorgen, und müssen sich in der Öffentlichkeit so verhalten, dass der Vertrauensanspruch gewahrt wird. „Das Ansehen des Berufs darf nicht geschädigt werden“, erklärt Zerres und meint, dass im Fall der Sonnen-Apotheke Bezüge einzelner Motive zum Nationalsozialismus nahe lägen. Eine Geldbuße könnte drohen, ein Entzug der Approbation aber nicht.

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