Chinas Einfluss auf Hongkong: Tschüss, Parlament!

Nach dem Rauswurf oppositioneller Parlamentarier haben prodemokratische Abgeordnete geschlossen das Parlament in Hongkong verlassen.

Abgeordnete winken zum Abschied

Hongkongs Parlament ist jetzt vollends in Pekings Hand Foto: Reuters/Tyrone Siu

Mit dem am Mittwoch angekündigten Rücktritt aller prodemokratischen Abgeordneten sitzt in Hongkongs Legislativrat keine Opposition mehr. Er wird jetzt zu einem zahnlosen Scheinparlament wie Chinas Nationaler Volkskongress. Vier aufmüpfige Abgeordnete des prodemokratischen Lagers waren von Hongkongs Regierung aus dem Parlament geworfen worden – erstmals ohne Möglichkeit einer gerichtlichen Überprüfung. Dies hatte die Regierung in Peking zuvor beschlossen. Die restlichen 15 prodemokratischen Abgeordneten im eigentlich autonomen Hongkong legten darauf aus Protest ihre Mandate nieder.

Hongkong hatte nie eine wirkliche Demokratie gehabt. Stets diente das politische System den Mächten, die in der früheren Kronkolonie das Sagen hatten: London bis 1997 und seitdem Peking. Trotzdem wurde im Legislativrat die jeweilige Regierung gezwungen, ihre Politik zu begründen. Das begrenzte Machtmissbrauch und politische Willkür. Die Demokratiebewegung machte sich dabei nie Illusionen über ihre begrenzten Möglichkeiten. Deshalb kämpfte sie ja auch für echte demokratische Wahlen.

Letztes Jahr demonstrierten dafür Hunderttausende. Doch das von Peking erlassene Sicherheitsgesetz würgte mit Hilfe der Coronapandemie die monatelangen Proteste ab. Der Legislativrat wurde so zur verbleibenden Arena im Kampf für Demokratie. Die prodemokratischen Abgeordneten verkniffen sich sogar ihren Rücktritt, als Regierungschefin Carrie Lam die Pandemie als Vorwand nutzte, um die für September terminierten Wahlen um ein Jahr zu verschieben. Damit vermieden Pekings Freunde eine Niederlage vergleichbar mit den Distriktwahlen im November, als die Kandidat*innen der Demokratiebeweung haushoch gewannen.

Jetzt beenden die prodemokratischen Abgeordneten die Farce. Denn mit dem Rauswurf der vier Abgeordneten hat Hongkong seine begrenzten demokratischen Spielräume ebenso verloren wie seine rechtsstaatlichen Sicherheiten, die es bisher vom Rest Chinas unterschieden. Dessen Regierung versucht nicht einmal mehr die Fassade des Hongkong zugesagten Autonomieprinzips „ein Land, zwei Systeme“ aufrechtzuerhalten. Chinas Machtpolitik ist eine Warnung an alle, die seinen Beschwichtigungen geglaubt hatten, wie auch an das eigenständige, aber von Peking beanspruchte Taiwan. Für Hongkong ist es ein rabenschwarzer Tag.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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