Pegida-Demo mit Kalbitz am 9. November: Dresden läuft falsch

Verwaltungen haben bei der Gewährung der Demonstrationsfreiheit einen Spielraum. Den hat Dresden bewusst nicht genutzt.

Pegida-Demo in Dresden am 9. November

Ein Aufmarsch der rechten Pegida zum 9. November ist eigentlich indiskutabel Foto: dpa

Dieser 9.November war ein Rückschlag für Dresden. Die Stadt hatte sich in den vergangenen Jahren doch zunehmend qualifizierter gegen ihre Besetzung durch Apokalyptiker und Hassprediger gewehrt. Es ist allein schon logisch nicht einzusehen, warum die Stadtverwaltung aus Gründen des Pandemieschutzes auf eine eigene Feier an diesem vielfachen deutschen Gedenktag verzichtet, gegenüber Pegida aber um eine solche Begründung verlegen ist, um eine angemeldete Demonstration zumindest zu marginalisieren.

Verwaltungen haben zwischen der Gewährung der Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit und dem Setzen politischer Signale einen Spielraum. Die Initiative „Herz statt Hetze“ erinnert daran, dass dieser 2015 beispielsweise auch schon genutzt worden ist – nämlich gegen sie. Der Gegenprotest von 6.000 Dresdnerinnen und Dresdnern sei damals „diskreditiert und wegbeauflagt“ worden, erklärt das Bündnis. Mit gutem Willen und etwas Geschick wäre also drin gewesen, zumindest dem symbolträchtigen Auftritt des Nationalisten Andreas Kalbitz an diesem Tag die Spitze zu nehmen.

Es ist dabei nicht wirklich ein Trost, dass dieser Auftritt an sich die Aufregung nicht wert war. Die Tiraden von Bachmann und Kalbitz sind so hanebüchen und ausschließlich an dumpfe Hass- und Angstgefühle adressiert, dass sich eigentlich jeder nur angewidert abwenden kann. Jeder, außer die Pegidisten offenbar.

Die städtische Genehmigung müsse nun kritisch aufgearbeitet werden, fordert Thomas Feist, Regierungsbeauftragter für Jüdisches Leben in Sachsen. Möglicherweise hat für Dresden der zwei Tage zuvor ergangene Beschluss des sächsischen Oberverwaltungsgerichtes zur Leipziger Querdenken-Demo eine Rolle gespielt. Solche Gewährung eines abstrakten Versammlungsrechts um jeden Preis wird inzwischen hinterfragt, insbesondere wenn es, wie jetzt in der Pandemie, mit dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit kollidiert.

Das sächsische Versammlungsgesetz macht ja zumindest den zaghaften Versuch einer Einschränkung des unbedingten Demonstrationsrechts an ganz wenigen neuralgischen Punkten und sensiblen Terminen im Jahr. Seit 2012 ein zahnloser Tiger, deutet es aber zumindest den möglichen Rechtsspielraum an.

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Seit 2001 Korrespondent in Dresden für Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geboren 1953 in Meiningen, Schulzeit in Erfurt, Studium Informationstechnik in Dresden. 1990 über die DDR-Bürgerbewegung Wechsel in den Journalismus, ab 1993 Freiberufler. Tätig für zahlreiche Printmedien und den Hörfunk, Moderationen, Broschüren, Bücher (Belletristik, Lyrik, politisches Buch „System Biedenkopf“). Im Nebenberuf Musiker.

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