wortwechsel
: Sorge um Grundrechte, Angst vor Corona

Das Infektionsschutzgesetz spaltet die Gesellschaft. Ministerin Giffey verzichtet auf das Führen ihres Doktortitels. Präsenzunterricht an Schulen weiter gewünscht

Man sieht ihr den Verzicht nicht an Foto: dpa

Unverantwortlich

„Die Abstimmungsoption“,

taz vom 17. 11. 20

Ein Plebiszit ist sicherlich ein wichtiges Element! Ein weiteres riesiges Problem ist aber, dass unzählige Kommunen weiterhin beste Böden versiegeln und damit das Klimaziel „von unten“ torpedieren. Bestes Beispiel ist „Göttingen, die Stadt die Wissen schafft“. Dort wird gerade über einen Entwurf zur Versieglung einer 15 Hektar großen Ackerfläche abgestimmt, um dort ein Betonwerk und riesige Logistikhallen anzusiedeln, und das, obwohl wissenschaftliche Gutachten belegen, dass es sich bei dieser Fläche um ein hochsensibles Kaltluftentstehungsgebiet und eine Kaltluftschneise handelt.

Die Antwort der Stadtverwaltung in der Ortsratssitzung: wir lassen eine 300-Meter-Schneise stehen, begrünen die Dächer der Logistikhallen und bringen Rankpflanzen an, dann passt das wieder mit dem Klima. Eine verantwortungslose Politik, die vermutlich exemplarisch für unzählige deutsche Städte ist.

Timo Weishaupt, Göttingen

Flaues Gefühl

„Im Schnellverfahren gegen die Pandemie“, taz vom 18. 11. 20

Darauf haben wir wirklich nicht lange warten müssen. Ratzfatz wurde es durch den Bundestag geboxt und in Windeseile vom Bundespräsidenten abgesegnet.

Das „nachgebesserte“ Infektionsschutzgesetz ist durch und da.

Ein Gesetz wie jedes andere Gesetze auch?

Ja, vielleicht, jedenfalls auf den ersten Blick, ein Gesetz bestehend auch nur aus Buchstaben, Zahlen und Satzzeichen.

Wirklich alles nur halb so schlimm? Irgendwie habe ich dann trotzdem mit dem Gesetz und auch so ein eigenartiges flaues Gefühl in der Magengegend.

Klaus P. Jaworek, Büchenbach

Schule und Corona

„Leerstelle der Coronapolitik“,

taz vom 16. 11. 20

Ich stimme der Kritik von Malte Kreutzfeldt bezüglich der Versäumnisse in der Schulpolitik zu und möchte sie ergänzen.In Schweden wurden in der Sommerpause flächendeckend Lüftungssysteme für Schulen angeschaft. In Deutschland passierte nichts. Dabei hat das Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz zusammen mit einer Gesamtschule ein Lüftungssystem entwickelt und in der Gesamtschule umgesetzt, das 90 Prozent aller Aerosole aus der Luft herausholt. Die Materialien dafür gibt’s im Baumarkt für circa 200 Euro. Die Installation dauert einen Nachmittag und wurde von drei Leuten gemacht. Warum passiert hier nicht mehr? Ein ziemliches Armutszeugnis für unsere Länderchefs.

Rainer Mundhenke, Nürnberg

Sie können Impfstoff

„Stolz und Irritation“, taz vom 11. 11. 20

Leider sind die Medien doch mit die (Ersten), die diese Schiene fahren: Bei (meistens) negativen Nachrichten heißt es fast immer: Täter mit Migrationshintergrund oder gar mit der und der Abstammung, da werden sofort alle aus der jeweiligen Gesellschaft/Nationalität diskrimiert.

Peinlich wird es dann, wenn zugegeben werden muss, dass ein Täter „deutscher“ ist. Es wird der Eindruck vermittelt, alle Anderen sind krimineller/schlechter/weniger irgendwas als die Deutschen. Darum tut so eine Nachricht so gut – all den geschundenen Seelen, die sich angeblich noch integrieren müssen. Irgendwie erinnert auch dieser Artikel an die Diskussion über Mesut Özil! Wenn Tore fallen, ist man ein Deutscher – wenn kein Tor fällt, ist man kein Deutscher! Ein Schelm, wer Böses denkt!

Ayse Furat, Stuttgart

Pro Präsenzunterricht

„Bis zur letzten Patrone“,

taz vom 17. 11. 20

Es gibt in der taz leider kaum Verständnis für den Präsenzunterricht. Zumindest lese ich das so.

Ich habe zwei Kinder, die im Frühjahr/Frühsommer im Homeschooling unterrichtet wurden. Wobei ich hier kaum von Unterricht sprechen konnte und feststellen musste, dass die Qualität des Homeschooling signifikant vom Engagement der einzelnen Lehrer/-innen abhängig war. Hier hatten meine beiden Kinder kein Glück. Durch meinen engen Kontakt zur Schule weiß ich, dass es einen nicht unerheblichen Anteil von Schüler:innen gibt, die auf den Präsenzunterricht angewiesen sind. Nicht nur in Bezug auf den Unterricht und das Equipment zu Hause, sondern auch auf die sozialen Kontakte, in den Zeiten, in denen sie nicht zu Hause sind et cetera. Es gibt ferner einen Teil von Schüler:innen, zu denen dann gar kein Kontakt mehr möglich ist.

Wenn wir die Kinder in das Homeschooling drängen, dann fehlt nicht nur Stoff bei all denen, die zu Hause nur unzureichend lernen können, sondern es gibt auch jede Menge soziale Probleme, die nicht zu unterschätzen sind.

Ulrike Fink, Kassel

Mit System

„Blinder Fleck der Gesetzgebung“,

taz vom 17. 11. 20

Mein Vater wäre dieses Jahr hundert Jahre alt geworden. Meine Mutter ließ sich vor über fünfzig Jahren von ihm scheiden. Sie war über die Jahre hinweg zum Opfer seiner unkontrollierten Gewaltausbrüche geworden. Nach der Scheidung wurde sie gesellschaftlich ausgegrenzt. „Das tut man nicht, einen Kriegsversehrten zu verlassen. Der arme Mann.“

Was wäre, wenn sie es nicht getan hätte? Was wäre aus ihr und uns fünf Kindern geworden? Ich kann es manchmal nicht fassen, dass das Verständnis für die verlassenen Täter auch heute noch größer ist als für das Leid der Mütter und der Kinder. Ja, es ist an der Zeit, das System dahinter zu erkennen. Danke dafür!

Dorit Milkau, Albstadt

Das Unvermeidbare

„Die Abstimmungsoption“,

taz vom 17. 11. 20

In einem letzten Versuch, einer Volksbefragung bei der Bundestagswahl 21, soll zur Abstimmung gestellt werden, das 1,5-Grad-Ziel für die nächste Bundesregierung verbindlich festzulegen. Das soll den drohenden Ökozid vermeiden helfen. Die Dynamik des Klimawandels macht die Überschreitung der 1,5- wie 2-Grad-Grenzen bis 2035 wahrscheinlich – und damit das Auftreten von Kipppunkten, die jede Gegenreaktion vergeblich machen. Das ist zwar eine begründbare Beschreibung der Lage, nichtsdestotrotz Glaubenssache. Das 1,5- Grad-Ziel hat die Bundesregierung mit dem Paris-Vertrag festgelegt – aber nicht gehandelt. Das soll mit der Befragung bekräftigt, legitimiert werden.

Es geht um die Akzeptanz des Unvermeidlichen. Es geht um Einschränkungen, nicht um Erhalt des erreichten Wohlstands oder Wachstum. Im globalen Klimawandel ist zu erkunden, was wir alle uns auf der einen Erde leisten können.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

Keine Vertrauensbasis

„Die Aufklärung beginnt erst“,

taz vom 17. 11. 20

Die Politiker des Ostens haben eine eigene Biographie. Ihre Partei hatte – im Gegensatz zu einer SPD mit einem Willy Brandt oder CDU, die mit Adenauer und Erhard ihre Vorbilder hatten – keine ausreichende Basis in der Bevölkerung erreichen können. Im Gegenteil. Nicht ein Schuldenminister wie Scheuer ist der teuerste Politiker, sondern ein ehemaliger CDU-Vorsitzender, der heute der Sprecher für Wirtschaftspolitik ist, ist verantwortlich für Kredite für Kreuzfahrtreedereien mit Heimathäfen in Italien und Hongkong in Höhe von 25 Milliarden Euro, die wohl nie wieder abgelöst werden können: Eckhardt Rehberg hat diese Leihgaben für AIDA und den Genting-Konzern beschafft – gegen die Zusage, Arbeit für 2.000 Werftarbeiter zu sichern. Die zum großen Teil aus dem Westen importierten Politiker der „Volks“-Parteien hatten nie hinreichendes Vertrauen in ihrer Wählerschaft. Dietmar Rauter, Kronshagen