Corona-Impfung, Obama und Caffiers Waffe: Gaulands Einpersonen-Mehrheiten

Obamas dröhnende Abwesenheit im Wahlkampf beschreibt die Zerrissenheit der USA. Und Lorenz Caffier meinte, er habe nichts zu verbergen gehabt.

Der zurückgetrene Innneminister Mecklenburg-Vorpommerns Lorenz Caffier auf einer Pressekonferenz

Hat nichts zu verbergen, aber verbirgt es dann doch: Wummen-Caffier Foto: Chris Emil Janssen/www.imago-images.de

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?

Friedrich Küppersbusch: Ewig dies Corona.

Und was wird besser in dieser?

Noch fünf Wochen bis zum Brexit.

Die AfD hat eine rechte YouTuberin in den Bundestag geschleust, die Peter Altmaier bedrängt hat. Sieht so „direkte Demokratie“ aus?

Normal braucht man einen Presseausweis der Berufsverbände, darauf basierend eine Akkreditierung und darauf basierend eine Einladung von MdB, die einen abholen. An einer flughafenwürdigen Eingangskontrolle. Da zerbröselt erst mal Gaulands Gesäusel von seinen „unschuldigen Abgeordneten“: Ohne aktive Helfer von innen geht’s nicht. Im Juli agitierte Extinction Rebellion in der Westlobby, vor zwei Jahren gab es Gästetumult in einer Ausschusssitzung. Willkommene Gelegenheit, „gleiches Recht für alle“ zu fordern: nämlich gar keins. Selbst ernannte Einpersonenmehrheiten haben da nichts zu suchen.

Der Innenminister Mecklenburg-Vorpommerns, Lorenz Caffier (CDU), ist zurückgetreten – nicht etwa, weil er bei einem Mitglied eines rechts­extremen Netzwerks privat eine Waffe gekauft hat, sondern wegen der „ungehemmten Berichterstattung“. Ist er ein Opfer der Presse?

Weder noch. Nach eigener Darstellung hat Caffier die Wumme gekauft, bevor der Waffenhändler sich nach rechts eindrehte. Muss ja auch nicht jeder alles wieder auskotzen, was er mal bei Hiltmann gegessen hat. Caffier sah sich so unschuldig – doch weigerte sich zugleich neun Monate, die Einladung der taz anzunehmen, seine Sicht darzulegen. Das passt nicht zusammen: Caffiers Logik, er habe nichts zu verbergen, weswegen er es so lange verborgen habe. Mal ab von der Frage, ob ein Innenminister eine Fangschusswaffe für tödlich verletzte Wildschweine braucht. Und ob das vorbildlich ist, für jeden Quatsch eine zu kaufen.

Barack Obama is back. Er hat ein Buch geschrieben und tourt damit nun durch die Medien. Wird das Joe Bidens Start beflügeln?

Obamas Zurückhaltung – und mehr noch seine dröhnende Abwesenheit im Wahlkampf – beschreibt unser Missverständnis der Zerrissenheit der USA. Es hat was von der Gorbi-Verliebtheit der Deutschen, während er zu Hause untendurch ist. Wir haben Trump als massiven Pendelschlag gesehen, ohne zuvor den Pendelschlag Obama als solchen zu erkennen.

Pfizer und Biontech beantragen in den USA die Zulassung ihrer Impfstoffe. Werden Sie sich impfen lassen?

Wenn’s mein Hausarzt sagt, ja. Und der ist Schalker. Außerdem enthält das Serum nur Bruchstücke, keine vollständigen Erreger – müsste also nach meinem laienhaften Verstand zugleich harmloser und wirksamer sein. Ehrlich gesagt war ich Jahrzehnte bei keiner Impfung und werde es jetzt mit einem gewissen Trotz gegen lärmende Impfgegner tun.

In Berlin haben 1.600 Polizisten mit einer Großrazzia nach den gestohlenen Diamanten aus dem Grünen Gewölbe in Dresden gesucht. Verdienstvoller Einsatz?

Bin gespannt, ob das in 90 Jahren als ARD-/Sky-Serie verfilmt wird.

Polen und Ungarn haben den künftigen EU-Haushalt blockiert. Wie sollte die EU mit den Ländern umgehen?

Merkel fehlt offenbar das physische Hinterzimmer, die störrischen Dissidenten durchzutherapieren. Das grüne MdEP Giegold dagegen kennt die Hintertür: Eine Koalition der Willigen könnte sich auf eine „verstärkte Zusammenarbeit“ einigen. Dann ginge das Paket durch – für die, die mitarbeiten. Wäre schade um den Hebel gegen Ungarn, Polen, Slowenien. Ist aber eine hübsche Drohung.

Der „Tatort“ wird 50 nächste Woche. Ist er gut gealtert?

Im Dezember kann man 73 „Tatorte“ über alle deutschsprachigen Sender verteilt sehen. Damit thront der Regionalkrimi als Schokoüberzug der weniger appetitlichen Wirkstoffe im ARD-Medikamentenmix. Gute Produktionen lappen in Kino-Schauwerte hinein. Und notorisch wie im Kindergottesdienst gibt es bei aller Spannung auch stets ein wertvolles gesellschaftliches Anliegen. Damit ist er schon eine sehr öffentlich-rechtliche, Gebühren begründende Besonderheit. CDU Sachsen-Anhalt, bitte noch mal genau hingucken! Normal lagerfeuern nur noch Fußball und umstürzende Nachrichten; der „Tatort“ ist ein trotziger Gruß aus dem Quotenmuseum – oder der Anfang von etwas.

Und was machen die Borussen?

Schlagen Schalke 5:1. Also zweite Mannschaft, vierte Liga. War sonst was?

Fragen: Xenia Balzereit, Anne Fromm

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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