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Schwärme können das Bankgeschäft ergänzen

Crowdinvestments bewegen inzwischen eine Menge Geld – nicht nur in Deutschland

Die Krauts lieben Crowdfunding – immerhin die Hälfte der Deutschen weiß, worum es sich handelt, und jeder sechste hat schon selbst mal das Instrument der Schwarmfinanzierung genutzt: Das ergab erst kürzlich ein von dem Branchenblog crowdfunding.de herausgegebenes „Crowdfunding-Barometer“. Der Crowd­investmentmarkt hierzulande erreichte 2019 ein Volumen von 420 Millionen Euro, das ist zehnmal so viel, wie auf Spendenplattformen gesammelt wurde.

Davon profitieren auch die erneuerbaren Energien, denn die Nachhaltigkeit und Schwarmfinanzierung passen gut zusammen, meint Marilyn Heib, Geschäftsführerin der bettervest GmbH: „Die Crowd sucht händeringend nach ökologisch orientierten Projekten und damit nach sinnstiftenden Möglichkeiten, ihr Geld einzusetzen.“ Die 2012 gegründete Plattform bietet Investitionsmöglichkeiten vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern – von Biomassebriketts für Kenia bis zu Solaraufdachanlagen in Indien reicht die Palette. Anfangs, so Heib, habe man gar nicht genug Projekte anbieten können, um die Nachfrage zu decken. Neben dem Sinn sind aber auch Sicherheit und Verzinsung ein gutes Argument.

Ist der typische Crowdinvestor am Ende also doch nur ein schnöder Nutzenmaximierer? Nein, sagt Heib, denn es gebe ganz einfach einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Spendenprojekten und „Impact Investments“. „Dort geht es darum, ein sich selbst tragendes, geprüftes Business Model, das einen sozialen, ökologischen und gleichzeitig einen ökonomischen Impact generiert, zu ermöglichen.“ Im Idealfall könnten die zurückfließenden Finanzmittel immer wieder in ökologische und soziale Projekte fließen.

Bei Biogas, Windenergie oder Solarkraft in Deutschland sorgt schlicht das Energieeinspeisegesetz für Planbarkeit, schließlich sind die staatlichen Vergütungen auf Jahre hinaus gesichert. So geht es etwa auf der auf Energieprojekte spe­zia­lisierten Plattform GreenXMoney sehr bodenständig zu: Bei den Kampagnen handelt es sich um Photovoltaikdachflächen für einzelne Häuser irgendwo in der deutschen Provinz oder einzelne WEAs, sprich: Windenergieanlagen. Meistens beteiligt man sich an Energieprojekten in Form von „Nachrangdarlehen“. Anders sieht es bei crowdfinanzierten Immobilien aus, dort etablieren sich gerade neue Finanzierungsformen: „Im Juli 2019 wurde das Wertpapierprospektgesetz geändert. Dies hat es Crowdinvestingplattformen ermöglicht, auch Wertpapiere wie etwa Anleihen oder Aktien prospektfrei zu vermitteln“, sagt Gunter Greiner, Head of Portfolio Management bei der nachhaltig orientierten Crowdinvestmentplattform Wiwin.

Auch die Energiebranche erlebt beim Crowdinvestment zweistellige Wachstumsraten, was Banken und Konzerne auf den Plan ruft. So übernahm eine Tochter der nachhaltig orientierten Triodos-Bank Anteile von bettervest, bei GreenXMoney wiederum stieg das Energieunternehmen EON ein. „Die Motivation ist ganz klar: Ökologische Projekte sind wesentlich krisenresistenter als herkömmliche Investitionen“, kommentiert das Jochen Sautter, Geschäftsführer der nachhaltig orientierten Crowdinvestment-Plattform Öko-Zinsen.de. „Große Konzerne sehen vermutlich im digitalen Finanzvertrieb ein zukunftsträchtiges Geschäftsmodell.“ Crowdfunding könne das Bankgeschäft im Bereich Projektfinanzierung sehr gut ergänzen. Ansgar Warner