Trump droht Niederlage bei der US-Wahl: Der Anheizer

In Staaten, wo es eng zugeht, ficht Donald Trump die Resultate an. Ob er das Ergebnis dieser demokratischen Wahl anerkennt oder ablehnt, ist unklar.

Donald Trump mit müdem Gesicht reckt die Faust

Sieht abgekämptf aus: Donald Trump am Mittwoch im weißen Haus Foto: Evan Vucci/ap

WASHINGTON taz | Eric ist das wohl schwächste Mitglied des Trump-Clans. Sein Bruder Donald Jr. wird im Trump-Lager schon als möglicher politischer Erbe gehandelt, seine Schwester Ivanka zählt zu den engsten Mitarbeiter.innen des amtierenden US-Präsidenten. Am Mittwoch, am Tag nach der Wahl, haben sie Eric Trump nach Philadelphia geschickt. Er soll mit den Anwälten und Donald Trumps altem Vertrauten und Chef des Anwaltsteams, Rudi Guiliani, dafür sorgen, dass die restlichen, zu dem Zeitpunkt immer noch nicht ausgezählten Wahlzettel in Pennsylvania nicht weiter gezählt werden. Sein Vater hat sich zu dem Zeitpunkt längst zum Sieger in Pennsylvania und zum alten und neuen US-Präsidenten gekürt.

„Das ist ungezügelte Korruption“, ruft Eric Trump vor Unterstützer.innen in ein Mikrofon. Sein Vater liege fast eine halbe Million Stimmen vor Joe Biden. Die Demokraten wollten nur weiter zählen, um die Wahlen zu fälschen. „Die Stimmen können vom Mond kommen. Joe Biden kann 50 Mal abgestimmt haben“ soweit er das beurteilen könne. Dem will er nun ein Ende bereiten.

Und Guiliani, der bislang auch noch jede politische Schweinerei von Donald Trump mitgetragen hat, sekundiert. Dies sei das „undemokratischste“, was er je erlebt habe. Er kündigt auch eine nationale Klage an. Unklar dabei bleibt, was eine nationale Klage gegen bundesstaatlich organisierte Wahlen ausrichten soll, wie selbst Republikaner rätseln. Parallel verschickt das Trump-Team im Namen des Vaters E-Mails an seine Unterstützer mit dem Titel: „I warned the nation“. Ich habe die Nation gewarnt.

Es ist halb fünf am Mittwochnachmittag (Ortszeit), Joe Biden hat gerade nach Wisconsin auch noch Michigan gewonnen und ist nur noch 17 Wahlstimmen, „electoral votes“ von der Präsidentschaft der Vereinten Staaten entfernt. Aber auch in Arizona und Nevada liegt Biden vor. Gewinnt er die beiden Staaten tatsächlich, hat er exakt die ihm für eine Mehrheit im electoral college fehlenden 17 Wahlleute zusammen.

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Und Donald Trump tut nun, was er tun muss, weil er nicht anders kann, weil er es seit Monaten angekündigt hat, weil er das Land seit Wochen auf diese Situation vorbereitet hat: Er verlangt eine Nachzählung in Wisconsin, er hatte versucht, auch die Auszählung in Michigan noch zu stoppen. Mit immer neuen juristischen Protesten schickt er sein Team, die Niederlage noch aufzuhalten. Der Twitter-Präsident Trump aber ist am Nachmittag dann merkwürdig ruhig. Und dass er Eric nach Philadelphia geschickt hat, lässt auch Raum für Spekulation. Zumindest ist dieser nicht die schärfste Waffe im Arsenal.

Niemand in den USA hat angenommen, dass der Präsident das Weiße Haus im Falle einer Niederlage in aller Stille und Demut aufgeben würde. Aber es weiß auch keine.r außerhalb seines engsten Zirkels, wie Trumps nächste Schritte wohl aussehen werden. Wahrscheinlich nicht einmal sein Team. Beobachter.innen in Washington sehen es auch als denkbar an, dass Trump die Stimmung zwar anheizt, aber gar nicht vorhat, gegen das Ergebnis mit Nachdruck vorzugehen. Denn eines scheint sicher: Ein Abgang Donald Trumps wäre zugleich der erste Schritt auf einer neuen Laufbahn.

Viele Ergebnisse sind noch offen

Im Moment fehlen die Ergebnisse aus Georgia, North Carolina, Pennsylvania und Nevada. Unklar ist Arizona. Noch ist das Ergebnis der Wahl offen. Aber derzeit spricht vieles dafür, dass Joe Biden heute oder in den kommenden Tagen doch noch die Mehrheit der Wahlstimmen erreichen kann. In North Carolina ist Trumps Vorsprung auf 1,5 Prozentpunkte zusammengeschmolzen, in Georgia sogar auf weniger als einen Prozentpunkt.

Selbst in Pennsylvania, wo Trump am Dienstagabend nach Auszählung von drei Vierteln aller Stimmen fast 8 Prozentpunkte vor Biden lag, hat die Auszählung der Briefwahlstimmen das Bild verändert. Trump hat jetzt nur noch 2,5 Punkte Vorsprung. Und immer noch ist jede zehnte Stimme nicht ausgezählt.

In Washington macht sich nach der Wahl nun schon wieder Anspannung breit: Was passiert, wenn Donald Trump das Ergebnis dieser demokratischen Wahl – sei es verbal, sei es de facto – nicht anerkennt?

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Am 3. November 2020 haben die USA einen neuen Präsidenten gewählt: Der Demokrat Joe Biden, langjähriger Senator und von 2009 bis 2017 Vize unter Barack Obama, hat sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durchgesetzt.

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