Nach der Pleite von Sevilla: Deutsche Schlappen

Das 0:6 des DFB-Teams reiht sich ein in eine lange Geschichte deutscher Länderspiele. Doch nicht jede Niederlage war auch ein verlorenes Spiel.

Der Fußballnationalspieler Rainer Bonhof mit nacktem Oberkörper, weinend

Schmach von Cordoba: Rainer Bonhof weint nach dem 2:3 gegen Österreich bei der WM 1978 Foto: Sven Simon/imago

England – Deutschland 9:0

16. März 1909, Oxford: Das Hinspiel in Berlin hatte England bereits 5:1 gewonnen, und zum Rückspiel war man, um die Deutschen nicht vor zu großer Bühne lächerlich zu machen, von den großen Londoner Stadien nach Oxford ausgewichen. 12.000 Zuschauer sahen das Debakel einer ersatzgeschwächten deutschen Elf. „Da wir uns so wenig kannten, klappte das Zusammenspiel überhaupt nicht“, sagte Paul „Florian“ Hunder von Viktoria Berlin.

Deutschland – Österreich 0:6

24. Mai 1931, Berlin: 40.000 Zuschauer waren in das Deutsche Stadion gekommen. Sie sahen vom ersten Treffer in der 6. Minute an ein Debakel für Reichstrainer Otto Nerz. Sechs Treffer setzten die Österreicher, die damals neben den Engländern den besten Fußball der Welt spielten.

Österreich – Deutschland 3:2

26. Juli 1931, Wien: Zum Finale der Arbeiterolympiade vor 40.000 Zuschauern im Praterstadion traten an: für Deutschland die Fußballauswahl des Arbeiter-Turn- und Sportbundes (ATSB) gegen das Team der Freien Vereinigung der Amateur-Fußballvereine Österreichs. Deutschland war als Titelverteidiger angereist, verlor aber. Kleiner Trost: Torschützenkönig wurde der Hamburger Arbeiterfußaller „Old“ Erwin Seeler, der fünf Jahre später Vater von Uwe werden sollte. Er wechselte 1932 zur bürgerlichen Victoria Hamburg, der ATSB wurde 1933 von den Nazis verboten und zerschlagen, Erwin Seeler fing 1938 beim Hamburger SV an.

Saarland – Uruguay 1:7

5. Juni 1954, Saarbrücken: Gewiss, es war ein Testspiel, aber die Saarländer, die erst wenige Monate zuvor gegen die BRD in der WM-Qualifikation gescheitert waren, wollten vor 15.000 Zuschauern zeigen, dass sie sehr wohl eine souveräne Fußballnation sein könnten. Das galt umso mehr für ihren Trainer Helmut Schön, der später beim DFB anheuern sollte. Doch lediglich ein Tor von Robert Niederkirchner reichte nicht, wenn man sieben kassierte. Der Torschütze wenigstens wechselte später von Saar 05 Saarbrücken zum Csepel SC in Budapest, damals ein ungarischer Spitzenklub.

Ungarn – BR Deutschland 8:3

20. Juni 1954, Basel: 56.000 Zuschauer waren zum WM-Spiel gekommen, alleine aus Deutschland 30.000. Und Trainer Sepp Herberger ließ eine B-Elf auflaufen! Ohne Turek, Morlock, Schäfer und Ottmar Walter! „Noch nie ist eine deutsche Mannschaft vom eigenen Publikum so erbarmungslos ausgepfiffen worden“, schrieb der Journalist Gerd Krämer. Was wie eine unglaubliche Dummheit des Bundestrainers aussah, gilt mittlerweile als genialer Schachzug, um die Ungarn in Sicherheit zu wiegen. Das Finale am 4. Juli gewann bekanntlich die DFB-Auswahl, die dann wieder wer war.

BR Deutschland – Österreich 2:3

21. Juni 1978, Córdoba: Als Titelverteidiger waren die Deutschen zur WM nach Argentinien gereist. Sie verließen das Land nach einer narrischen 2:3-Pleite gegen Österreich in der Zwischenrunde als Versager. Die Motivationsrede, die der Wehrmachstflieger und auch nach 1945 überzeugte Nazi Hans-Ulrich Rudel im DFB-Quartier hielt, hat das sportliche Versagen nicht verhindern können. Zur Schmach von Argentinien gehört auch ein Satz von Kapitän Berti Vogts über die damals

herrschende Militärjunta in Argentinien: „Ich habe keinen einzigen politischen Gefangenen gesehen.“

BR Deutschland – Österreich 1:0

25. Juni 1982, Gijón: Das 1:0 war genau das Ergebnis, das beide Mannschaften zum Weiterkommen in ihrer WM-Gruppe brauchten. Die Algerier, die das DFB-Team zuvor mit 2:1 geschlagen hatten (auch so eine Pleite der Deutschen), mussten zusehen, wie sich die beiden Teams den Ball zuschoben, damit nur ja nichts passiert. Der deutsche Sieg war eine moralische Totalkapitulation. Nächtliche Pokerrunden und das hooliganeske Foul des deutschen Keepers Toni Schumacher, der im Halbfinale den Franzosen Patrick Battiston niedergestreckt hat, rundeten das Bild ab, das die Deutschen bei dieser WM abgegeben haben.

Österreich – Deutsche DR 3:0

15. November 1989, Wien: Das letzte Pflichtspiel der DDR-Auswahl geriet nur ein paar Tage nach der Maueröffnung zum Desaster. Ein Unentschieden hätte den Deutschen zur WM-Qualifikation für Italien 1990 gereicht. Das österreichische Team galt als zerstritten und diskutierte in aller Öffentlichkeit die Tauglichtkeit eines gewissen Anton Polster für die Auswahl. Der schoss dann alle drei Tore. DDR-Trainer Eduard Geyer schob die peinliche Schlappe auf den Mauerfall. Der sei zur Unzeit gekommen.

USA – BR Deutschland 6:0

14. März 1996, Decatur: Zum Testen waren die Frauen des DFB in die USA gereist. Zwei Spiele gegen die gleichfalls starke US-Auswahl standen an, und auch wenn nur 4.500 Zuschauer gekommen waren, versprach die Ausgangslage doch guten Fußball. Es endete mit einem deutlichen 6:0 für die USA. Das zweite Spiel war dann nur noch eine 0:2-Klatsche für den DFB.

Spanien – Deutschland 6:0

17. November 2020, Sevilla: Selbstsicher nach zuletzt zwei Siegen gegen Tschechien und die Ukraine war das Team von Jogi Löw nach Spanien gereist. Vor null zahlenden Zuschauern hagelte es sechs Treffer. Analyse Löw: „rabenschwarzer Tag“.

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