Es geht nur gemeinsam

Am Samstag wurde der Panter Preis von der taz Panter Stiftung verliehen – dieses Mal zum Thema Klimaschutz. Der Preis der Leser:innen ging an die Indigene Alessandra Korap Munduruku aus Brasilien, der Jurypreis an die Initiative Buirer für Buir und der Zusatzpreis für Klima und Gesundheit an die Psychologists for Future

Virtuelle Preisübergabe: Moderator Gereon Asmuth auf der Studiobühne in der taz Kantine im Gespräch mit der Leser:innen-Preisträgerin Alessandra Korap Munduruku (li.), ihrer Übersetzerin Silke Tribukait (re.) und Moderatorin Céline Weimar-Dittmar (u.) Foto: Piero Chiussi

Von Pia Stendera

Lokal, global, scheißegal – wenn es um den Klimawandel geht, sitzen wir in einem Boot. Manche sitzen vorn und bekommen die rauen Wellen zuerst ab, doch wenn wir unter­gehen, dann gemeinsam. Nur folgerichtig erscheint es da, dass am Rennen um den diesjährigen taz Panter Preis teilzunehmen vorerst vor allem eines abverlangte: Es muss ums Klima gehen.

Im Jahr 2020 ist nichts, wie es mal war – auch nicht die Verleihung des Panter Preises am Samstag. Es geht wie gewohnt um je 5.000 Euro und um eine Bühne für Projekte und Personen, auf die ein Licht geworfen werden sollte. In diesem Jahr gibt es jedoch nicht nur zwei Preise, durch die Jury und die Leser:innen gewählt, sondern auch einen Zusatzpreis für Klima und Gesundheit.

Neu ist auch, dass die Zu­schau­er:innen nicht im Theatersessel, sondern vor einem Livestream sitzen. Während taz-Redakteur Gereon Asmuth von der Bühne der taz-Kantine aus elegant durch den Abend leitet und dabei auch Videoschalten mit sehr unterschiedlicher Tonqualität meistert, müssen Co-Moderatorin Céline Weimar-Dittmar vom taz-Klima-Hub wegen einer Erkältung aus dem heimischen Strandkorb und Chefredakteurin Barbara Junge aus der Quarantäne von zu Hause aus zugeschaltet werden.

Die Laudator:innen sind zwar anwesend, doch sie überreichen die begehrten Panterskulpturen nur durch ihre wertschätzenden Worte, denn auch die Nominierten sind nicht physisch auf der Bühne. Das Musikprogramm fällt aus. An diesem Abend ist alles anders, irgendwie umständlich und schließlich doch voller Wärme und Überraschungen – so wie die taz.

„Alle vorgeschlagenen Gruppen haben den Preis verdient. Sie haben unterschiedliche Zugänge: Sie sind kleine Gruppen, große Gruppen, agieren lokal, global, in Ost, West, Nord oder Süd“, sagt Laudator Christian von Hirschhausen, bevor er verkündet, wer den diesjährigen Jurypreis gewinnt. Aus knapp 150 Bewerbungen wählte eine Vorjury fünf Initiativen und eine Person aus, die nun auf dem Bildschirm in kleinen digitalen Kästchen nebeneinander bangen: Sie sitzen in Berlin, Buir, Leipzig, Darmstadt und mitten im Amazonas-Regenwald.

Sie nennen sich Black Earth Kollektiv und haben eine dekoloniale, feministische Perspektive auf den Klimakampf sowie einen Fokus auf den globalen Süden; Client Earth – Anwält:innen der Erde, die sagen: „Es gibt kein Grundrecht auf eine Umwelt“, und sich darum anderer Gesetze bedienen, um sie zu retten; Buirer für Buir schützen dagegen nicht nur den heimischen Hambacher Forst und kämpfen für den Kohleausstieg vor der eigenen Haustür, sondern vernetzen sich auch mit anderen Initiativen.

Seit 2008 wird der taz Panter Preis unter dem Dach der taz Panter Stiftung vergeben. Nach einem Jahr Pause geht es in diesem Jahr um den Schwerpunkt Klimaschutz. 143 Initiativen haben sich beworben – acht von ihnen wurden für drei Preise nominiert: einen Leser:innenpreis, einen Jurypreis und in diesem Jahr einen Zusatzpreis zu Klima und Gesundheit. Weil der taz Panter Preis auf finanzielle Unterstützung angewiesen ist, bitten wir um Spenden.

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Sie tragen Namen wie Ökolöwen Leipzig und sind seit der Wende Ansprechpartner:innen für Umweltfragen in der eigenen Stadt sowie Treiber in den lokalen Parlamenten; Klimaentscheid Darmstadt, die als erstes Bürgerbegehren für einen Klimaentscheid in ihrer Stadt Beispiel für viele andere Städte sind; Alessandra Korap Munduruku kämpft wiederum gegen mächtige Männer und große Konzerne, die den Amazonas-Regenwald abholzen und Indigene vertreiben wollen.

„Der Jurypreis geht an die Gruppe, die den Text des folgenden Liedes mitsingen kann“, sagt von Hirschhausen und stimmt an: „Und wenn euch das nicht gefällt, Buir kennt jetzt die ganze Welt! Egal was ihr tut und treibt: Hambi bleibt!“ Auf dem Bildschirm neben ihm jubelt Andreas Büttgen aus Buir. Die Buirer:innen gründeten sich ursprünglich als Bür­ger:in­nen­initiative ohne Klimaschwerpunkt, bis sie merkten: „Es hängt alles miteinander zusammen.“ So kamen Bürgerliche aus Buir mit Besetzer:innen im Hambi zusammen und widersetzten sich gemeinsam Großkonzernen und der Landesregierung. Sie lernten: „Das ist es, was Zivilgesellschaft ausmacht: gemeinsam kämpfen.“

Dass Kämpfe sich lohnen, lebt auch die Gewinnerin des Publikumspreises vor. „Sie lebt weit vom Hambacher Wald. Sie spricht kein Deutsch, spricht kein Englisch, aber sie kann sehr laut Portugiesisch sprechen. Und ihre Fäuste gebrauchen, um damit auf einen Tisch zu hauen, um den herum brasilianische Abgeordnete sitzen“, sagt Elke Schmitter, Laudatorin und Kuratorin der Panter Stiftung.

2.000 Leser:innen haben abgestimmt – für eine Frau ohne Website, die gigantische Staudammbauten, Eisenbahnstrecken und Sojaplantagen verhindert: Alessandra Korap Munduruku. „Ich bin eine Frau, Kriegerin und Verteidigerin indigener Völker“ sind die Worte, mit denen sie sich vorstellt. Sie kämpft um ihren Lebensraum und die Lunge der Erde, gegen Konzerne, die dem globalen Norden klimaschädlichen Konsum ermöglichen wollen.

„Das Kapital ist vernetzt, aber wir sind es auch“, sagt Schmitter in ihrer Laudatio und behält recht. Es ist bemerkenswert, dass gerade der digitale Underdog den Publikumspreis erhält.

Es ist der Abend, an dem Phrasen wahr werden, denn irgendwie haben alle gewonnen. Nicht nur, weil Konny Gellenbeck von der Panter Stiftung allen Kan­di­dat:in­nen eine finanzielle Unterstützung zusagt. Einige der Projekte arbeiten bereits zusammen und am Ende ziehen alle trotz unterschiedlicher Perspektiven an einem Strang: Sie alle sind Aktivist:innen für das Klima – zum Teil unterstützen sie den Kampf gegen die Klimakatastrophe als Ehrenamtliche.

Alle Nominierten erhalten eine finanzielle Unterstützung

Dieses Anliegen vertreten auch Psychologists for Future, die neben Health for Future für den Zusatzpreis für Klima und Gesundheit nominiert waren. „Jedes heute geborene Kind wird am 71. Geburtstag im Schnitt in einer vier Grad wärmeren Welt leben“, sagt Laudatorin und taz-Gesundheitsredakteurin Heike Haarhoff. Der Klimawandel mache arm, krank und Angst. Die Psychologists for Future haben den Preis verdient, denn sie stellen sich dieser Aufgabe „ehrenamtlich und furchtlos“, sagt Haarhoff. Als Lea Dohm den Preis entgegennimmt, sagt sie: „Unser Dank und unsere Solidarität gehen in erster Linie an den Danni.“

Die Zuschauer:innen können an diesem Abend entdecken, wie vielfältig und solidarisch die bestehende Klimabewegung ist, dass die Internetverbindung am Amazonas manchmal stabiler ist als innerhalb einer Stadt und dass es im Kampf um das Klima nur gemeinsam geht.

Wer die Verleihung verpasst hat, kann sie noch im Nachhinein anschauen. Und wer die Abstimmung verpasst hat, kann die Initiativen trotzdem unterstützen. Es ist noch nicht zu spät. Auch die Dankesworte von Alessandra Korap Munduruku kamen erst nachträglich als Sprachnachricht in Berlin an: „Ich möchte mich bei allen bedanken, die an unseren Kampf glauben – die daran glauben, dass es noch möglich ist, den Fluss zu retten und unseren Lebensraum zu erhalten. Alles ist möglich.“

Weitere Infos: taz.de/panter