Hygieneauflagen für Wasserspender: Niemand zuständig

Die neuen Wasserspender an Hamburgs Schulen seien kein Corona-Risiko, sagt der Senator. Stimmt das? Das Gesundheitsamt nimmt die Geräte nicht ab.

Schulkinder und Ties Rabe stehen neben einem Wasserspender.

Läuft doch! Schulsenator Ties Rabe bei einer Trinkwasserspender-Einweihung Ende Oktober in Hamburg Foto: Christian Charisius/dpa

HAMBURG taz | Ein kurzer NDR-Beitrag ließ Frank P. stutzig werden: An der Schule Hasselbrook nahm Schulsenator Ties Rabe (SPD) Ende Oktober einen Wasserspender in Betrieb. Neben ihm stehen Kinder an, um ihre Flaschen zu füllen. Ein Junge hält die Öffnung an den Wasserauslauf – und fasst mit den Fingern ans Gerät. „Wir sind in der Pandemie“, empört sich P., „die Wasserabfüllung muss kontaktlos sein.“

Er kenne sich aus, sei früher als Techniker in Einkaufszentren tätig gewesen, sagt P., der seinen ganzen Namen nicht in der Zeitung sehen möchte. Seine Bedenken: An dem Gerät, wie es die Stadt nun an 130 Grundschulen aufstellen will, sei der Wasserauslauf frei zugänglich, das wäre etwa in Sportclubs nicht erlaubt. Im NDR-Bericht heißt es, ein Coronarisiko sehe die Schulbehörde in den Spendern nicht. Dann spricht Senator Rabe: Die Spender hätten einen „Keimfilter“, der eine Krankheitsübertragung verhindere.

Aufgestellt werden die Geräte von Hamburg Wasser. Seine Trinkwassersäulen an der Außenalster indes hat der städtische Versorger im April nicht wie sonst aus dem Winterschlaf geholt. Das sei auf Empfehlung der Gesundheitsbehörde hin passiert, sagt Unternehmenssprecherin Sabrina Schmalz. Den Betrieb der Spender an den Schulen wiederum verantworte die Schulbehörde. Die Geräte hätten eine „thermische Keimsperre“, denn sie erhitzten sich auf 100 Grad. Überhaupt werde Corona nicht durch Trinkwasser übertragen.

Könnte das Virus nicht aber von außen kommend übertragen werden, von der einen Flasche – oder auch Hand – auf die andere? Dazu sagt Schulbehördensprecher Peter Albrecht, „Schmierinfektionen“ spielten bei Covid-19 keine Rolle. „Insofern sehen wir hier keine relevante Gefahrenquelle.“

Gesundheitsamt ist Außen vor

Allerdings schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in einer frischen Stellungnahme, Covid-19-Übertragung durch Kontakt- oder Schmierinfektion könne „nicht ausgeschlossen werden“. Würden Trinkwasserspender von mehreren Kindern nacheinander benutzt, sei auf „hygienische Bedienung“ und die „derzeit übliche erhöhte Händehygiene“ zu achten, sagt ein Sprecher. Besser wäre es demnach, wenn geschultes Personal das Wasser ausgeben würde.

Schon 2017 hatte sich das in Berlin ansässige Institut zu Wasserspendern geäußert: Wegen der Hygiene seien Geräte zu bevorzugen, die „keinen frei zugänglichen Wasser-Auslaufhahn“ besitzen. Dies gelte besonders für Orte, an denen sich Kinder aufhalten, sowie für Spender am Leitungsnetz.

Hamburg Wasser erklärt, bei den Grundschulgeräten liege der Hahn hinter einer Schutzhülle; nur die sei zu sehen. Aber sie kann auch angefasst werden: Die taz schickte dem BfR ein Foto des Geräts mit der Frage, ob die Konstruktion der Empfehlung genüge. Antwort: Gerätetypen könne das BfR nicht beurteilen, es sei das zuständige Gesundheitsamt zu befragen.

Auch das tat die taz und wurde von der Gesundheitsbehörde ans Bezirksamt Altona verwiesen. Antwort von dort: Die Geräte werden nicht vom Gesundheitsamt abgenommen. Laut einem Sprecher gibt es keine Vorgabe, ob die Auslaufstelle abgedeckt sein muss. Entscheidend sei die „Trinkwasserverordnung“, in der dazu aber nichts steht. „Die ist dafür nicht zuständig“, sagt Frank P., den „ärgert, dass die Stadt sich selbst nicht kontrolliert“.

Und was ist mit dem Rat des BfR, Wasser durch Erwachsene austeilen zu lassen? „Nicht vorgesehen“, sagt Behördensprecher Albrecht. Ein Blick in den „Musterhygieneplan“ zeigt immerhin, dass es Empfehlungen für Wasserspender gibt: Die Kinder sollen Hände waschen, ehe sie die Knöpfe drücken. Und diese sollen mehrfach am Tag gereinigt werden.

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