„Mutter aller Schlachten“

KÄMPFE Assads Truppen rücken vor, Rebellen erhalten mehr Unterstützung von außen

VON SEIF AL-SHISHAKLI

BEIRUT taz | Das syrische Regime hat für Freitag und Samstag die „Mutter aller Schlachten“ ausgerufen. Einige der großen Freitagsdemonstrationen in der nordsyrischen Stadt Aleppo wurden bereits seit dem Mittag von Helikoptern aus beschossen. Bis Redaktionsschluss lagen keine Angaben über Opfer vor. Die staatlichen Medien berichteten, dass Syrien nach den „Schlachten“ des Wochenendes „bald wieder zur Normalität“ zurückfinden werde.

Die Freie Syrische Armee (FSA) konterte die offizielle Parole mit dem Freitagsmotto „Der Aufstand der zwei Hauptstädte“ in Anspielung auf Aleppo und Damaskus. Sowohl Assads Armee als auch die Rebellen zogen am Freitag massiv Truppen in der Region Aleppo zusammen, wobei nach Aktivistenberichten noch am Donnerstag vier von fünf Zufahrtsstraßen von der FSA gehalten wurde. Der örtliche Rebellenkommandant Abu Omar al-Halebi sagte der dpa am Freitag, dass zu den 2.500 Kämpfern in der Stadt noch einmal 3.000 aus anderen Landesteilen zur Verstärkung angerückt seien: „Wir sind bereit für die ‚Mutter aller Schlachten‘.“

Das syrische Regime spricht von 2.000 Rebellen, die sich in der Stadt aufhalten sollen, und von 1.500 bis 2.000 Kämpfern, die sich aus verschiedenen Provinzen auf den Weg gemacht hätten. Die ausländische Unterstützung der FSA scheint nun immer mehr Wirkung zu zeigen: Die FSA kann größere koordinierte Bewegungen steuern und verfügt über immer mehr Panzerfäuste. Die Preise auf dem Beiruter Waffenmarkt sinken erstmals seit Beginn des syrischen Aufstandes wieder, ein klares Zeichen dafür, dass die FSA jetzt verstärkt Unterstützung erhält.

Die Zivilbevölkerung Aleppos ist zu Tausenden auf der Flucht in Richtung der benachbarten Türkei. Zum Leidwesen des syrischen Regimes drücken die türkischen Grenzer „beide Augen zu“, wie es ein Rebellenführer dankbar formuliert, als er mit seinen Männern nachts bewaffnet aus dem sicheren Exil in der Südosttürkei ausrückt.

Aktivisten in Damaskus berichten von immer mehr Rückkehrern aus den Golfstaaten, die dort gearbeitet haben und nun auf eigene Faust, ausgerüstet mit modernen Kommunikationsgeräten, am Kampf teilnehmen wollen. CNN berichtete über Twitter auch von libyschen Kämpfern, die nach Syrien kommen.

Über Twitter und Facebook werden indes auch Fotos von Kindern gepostet. So versuchen Aktivisten, deren Verwandte zu finden, die sie in den Kriegswirren verloren haben oder die getötet wurden.

Im Libanon kam es derweil zu einem Austausch diplomatischer Noten, da die syrische Armee wiederholt entlang der gemeinsamen Grenzen libanesisches Hoheitsgebiet verletzt hat. Zehn Libanesen wurden bereits durch syrischen Beschuss getötet. Trotzdem bestehen beide Länder darauf, ihre „brüderliche Freundschaft“ nicht gefährden zu wollen, und halten die Grenzen weiter offen.

Am Freitag ist erstmals ein Parlamentsmitglied in die Türkei geflüchtet. Die Abgeordnete Ichlas al-Badawi aus Aleppo erklärte im TV-Sender Sky News Arabia, sie habe sich abgesetzt, um dem „tyrannischen Regime“ von Präsident Baschar al-Assad zu entkommen. Sie sei geflohen, „vor der Unterdrückung und der grausamen Folter einer Nation, die ein Minimum an Rechten fordert“, sagte Badawi, die selbst der Baath-Partei Assads angehörte.