Neues vom „Traumzauberbaum“: „Wir machen Poesie für Kinder“

DDR-Generationen sind mit dem „Traumzauberbaum“ aufgewachsen. Monika Ehrhardt-Lakomy über Musik für kleine Leute, Corona und das neues Album.

Musiker und Komponistin Monika Ehrhardt-Lakomy nimmt ein Bad in einem Meer aus Herbstlaub

Monika Ehrhardt-Lakomy hier ganz entspannt im einem Meer aus Herbstlaub Foto: Sophie Kirchner

Mittagsruhe in einem Blankenburger ­Eigenheimgebiet. An einem Gartentor vor einem Eckgrundstück hängt ein Zettel: „Bitte nicht klingeln!“ Also Anruf bei der Hausherrin Monika Ehrhardt-­Lakomy. Sie kommt heraus und bittet in ihr Haus, in die obere Etage mit offenem Wohnbereich. Während des Gesprächs mit der umtriebigen Autorin millionenfach verkaufter Geschichtenlieder streunt Ratzinger durch den Raum. So heißt ihr Kater, weil er an dem Tag geboren wurde, als im Vatikan der weiße Rauch für Papst Ratzinger aufstieg.

Monika Ehrhardt-Lakomy: Stört es Sie, dass ich rauche?

taz: Überhaupt nicht. Sind Sie Genussraucherin?

Ja, schon. Ich rauche zwei oder auch mal paar mehr am Tag. Aber das sind keine richtigen Zigaretten, sondern nur so ’ne dünnen Nuttenstengel.

geboren 1947 in Thüringen, kam als 16-Jährige nach Berlin und ging auf die Staatliche Ballettschule. Sie war bis 1981 Tänzerin, schrieb aber auch schon Geschichten und produzierte mit dem Musiker (und Ehemann) Reinhard Lakomy Geschichtenlieder für Kinder und sämtliche Kinderrevuen im Friedrichstadtpalast bis 1991. Mit dem Album „Geschichten­lieder“ schufen sie 1978 quasi ein neues Genre: Kunst für Kinder, Poesie in Wort und Musik. Von 1986 bis 1990 saß die Mutter einer Tochter für die SED in der Ostberliner Stadtverordnetenversammlung und bis 1991 für die PDS im Berliner Abgeordnetenhaus. Von 2000 bis 2014 war sie Vizevorsitzende des Verbandes deutscher Schriftsteller in Berlin. Zudem ist sie Präsidentin des Nationalen Delphischen Rates Deutschland, der den Dialog aller Kulturen fördern will.

Unten in Ihrem Haus ist eine Kita, deshalb war vorhin Klingelverbot?

Ja. Um die Zeit schlafen die Kinder.

„Reinhard-Lakomy-Kita“ steht an der Fassade. Wie kommt das denn?

Nachdem mein Mann 2013 starb, habe ich in seinem großen Studio einen Kindergarten für zehn Kinder mit zwei Erzieherinnen eingerichtet. Das war sein Wunsch. Lacky war über 50 Jahre Musiker, und hier, wo so viel wunderbare Musik für Kinder entstanden ist, spielen nun Kinder, und sie nutzen auch den Garten hinterm Haus. Man sagt, es sei die schönste private Kindereinrichtung von Pankow.

Es gibt in einigen ostdeutschen Städten Schulen und Kitas, die den Namen von Reinhard Lakomy tragen. Eine ungewöhnliche Ehre für einen deutschen Musiker.

Lacky war ein populärer, beliebter Künstler, der großartige Musik machte, von Jazz über elektronische experimentelle Musik, er schrieb Film- und Ballettmusiken, war ein Grenzgänger zwischen ernster und unterhaltender Musik. Und all sein Können nahm er mit in die Musik für Kinder, für die ich die Texte schrieb. Mit der sind viele Kinder in der DDR aufgewachsen. Deshalb benannten sich nach der Wende Schulen nach Lacky, zum Beispiel in Cottbus und Halberstadt, aber auch Kitas nach den Figuren aus unseren Geschichtenliedern. Die heißen Moosmutzel oder Waldwuffel, es gibt auch eine Grundschule Wolkenstein und eine Grundschule Traumzauberbaum.

Und nun also auch die „Reinhard-­Lakomy-Kita“ hier im Haus.

Ich gehe manchmal im Nachthemd runter zu den Kindern und sage ihnen Guten Morgen. Aber erst um zehn, denn so lange schlafe ich. Ich bin Nachtarbeiter.

Sie haben viel zu tun?

Oh ja. Gerade habe ich in Lackys kleinem Studio, das ich behalten habe, ein neues Album produziert. „Mama Tresore und die Kanalrattenbande“ ist eine Doppel-CD, vollständig mit Lackys Musik. Die Musik ist zum Teil 30 Jahre alt, es handelt sich um Film- und Ballettmusik von Lacky, die vor allem André Gensicke bearbeitet hat. Darauf habe ich dann die Liedtexte geschrieben. Früher war es umgekehrt, da vertonte Lacky meine Texte. Eingesprochen und -gesungen wurde die neue CD von auserlesenen Künstlern wie Franziska Troegner, Boris Aljinovic, Oliver Kalkofe, Josephin Busch, Thomas Nicolai, Angelika Mann, Ilja Richter und vielen mehr.

„Mama Tresore“ bewegt sich im Traumzauberbaum-Universum, das sich seit 1980 über Millionen Tonträger ausgebreitet hat. Inzwischen auch in Richtung Westen?

Im Osten sind Generationen mit diesen Geschichten aufgewachsen. Im Westen sind die kaum bekannt. Als wir mit unserem Traumzauberbaum-Musical zum Tag der Deutschen Einheit in Hannover gastierten, kamen aber die Leute von überallher angereist. Ich glaube fest daran, dass sich Qualität durchsetzt. Die meisten Schulinszenierungen meiner Geschichten fanden übrigens in den letzten drei Jahren im Westen satt.

Kindermusik wird von Erwachsenen oft belächelt.

Es ärgert mich immer wieder, wie viel Mist an angeblicher Unterhaltung Kindern heute zugemutet wird. Das ist verantwortungslos

Im Osten war das nicht so. Ich will niemandem zu nahe treten, aber die meisten Kindermusiken, die ich aus den alten Bundesländern kannte, begnügten sich mit „Stube, Kammer, Küche“ und drei Griffen auf der Gitarre. Das Thema Musik für Kinder war im Westen unterbelichtet. Lacky und ich machten seit 1978 Poesie für Kinder, anspruchsvoll in Wort und Musik. Das gab es dort so nicht, das hat sich erst in letzten Jahren gerappelt. Im Osten wurde Kunst für Kinder sehr ernst genommen. Anerkannte Schriftsteller und Komponisten bemühten sich darum.

In Gemeinschaftsarbeit mit dem Komponisten Lacky haben Sie auch jahrelang die berühmten Kinderrevuen im Friedrichstadtpalast geschrieben.

1978 kam unsere erste Geschichtenlieder-LP in der DDR heraus und auch mein erstes Stück für die Kinderrevue. Ich wollte der damaligen Belanglosigkeit von Nummernprogrammen eine dramaturgisch durchgehende Geschichte mit dem wunderbaren Clown Ferdinand entgegensetzen. Zur Eröffnung des neuen Friedrichstadtpalastes haben wir auch eine fantastische Märchentrilogie produziert und bis 1991 die Kinderrevuen. Natürlich mache ich immer weiter mit Musikmärchen und Hörspielen mit Musik von anderen guten Komponisten. Das nächste Projekt habe ich schon im Kopf.

Worum geht es?

Das will ich noch nicht sagen. Aber wie stets steckt in meinen Geschichten eine tiefere Moral, ohne Zeigefinger. Mein Credo lautet: „Von vorne für Kinder, von hinten für Erwachsene.“ Es ärgert mich immer wieder, wie viel Mist an angeblicher Unterhaltung Kindern heute zugemutet wird. Das ist verantwortungslos.

Ein Schaf aus Plüsch: Es heißt Miepchen Himmelblau und ist Teil der Geschichtenwelt des Traumzauberbaums

„Miepchen Himmelblau“ ist Teil der Geschichtenwelt des „Traumzauberbaums“ Foto: Sophie Kirchner

Ihr Weg zur Schöpferin von Poesie für Kinder wirkt speziell. Ihr erlernter Beruf ist Maurer.

Stimmt. Ich habe beim Ausbau unseres Hauses, vor 40 Jahren war das noch ein Häuschen, etliche Wände selbst hochgezogen. Damals habe ich die Maurer vom Gerüst gejagt, als ich sah, dass der Verband nicht stimmt und die Ecke schief ist.

Haben Sie hier in Berlin Maurer gelernt?

Nein, in Thüringen, wo ich herkomme. Mit 14 hatte ich die Maurerlehre begonnen, in der 9. Klasse der Erweiterten Oberschule. Ich war echt gut auf dem Bau, besser als die Lehrlinge, weil ich zuerst mal mit dem Kopf gearbeitet habe. Also erst organisieren, was ich brauche, und dann loslegen.

Warum wollten Sie Baufacharbeiterin werden?

In der frühen DDR gab es die Idee, dass die zukünftigen Intellektuellen in Verbindung bleiben sollen mit der werktätigen Bevölkerung in den Betrieben. Man musste also das Abitur mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung machen. Drei Wochen Schule, eine Woche Ausbildung. Was für ein Stress! Ich habe mich für Maurer entschieden, weil ich mich schon als Kind für Häuser und Häuserbauen interessierte. Deshalb wollte ich auch Architektur studieren, war aber zu doof in Mathe. Jedenfalls habe ich richtig an Häusern mitgebaut. Zur Zwischenprüfung habe ich einen vierzügigen Schornstein hochgezogen, der heute noch steht. Bauarbeiter ist ja ein wunderbarer Beruf. Man sieht, was man geleistet hat. Aber nach der 10. Klasse habe ich dann zum Glück noch den Absprung zu meinem eigentlichen Traumberuf geschafft: Tänzerin.

Von der Bauarbeiterin zur Tänzerin, wird ja immer toller.

Ich hatte als Siebenjährige im Theater Greiz mit dem Tanzen begonnen und war, heute würde man sagen, ein Kinderstar. Ich hatte Sprechrollen und tanzte im Kinderballett bei Theatervorstellungen. Mit 13 bin ich von zu Hause abgehauen, um mir in Leipzig eine Ballettschule anzugucken. Ich kam aber nur bis zur Autobahn, wo mich die Polizei einsammelte und wieder nach Hause brachte. Nach der 10. Klasse konnte ich dann tatsächlich nach Berlin wechseln zur Staatlichen Ballettschule. Fünf Jahre Studium klassischer Bühnentanz. Danach bin ich mit einer Ballettkompanie viel in der Welt herumgereist. Wenn Erich Honecker irgendwohin zum Auslandsbesuch fuhr, wurden wir vorher zu Auftritten hingeschickt. Zum Beispiel nach Indien. Wir haben die Folklore des Landes mit einem indischen Choreografen einstudiert und dann in Indien als Gastgeschenk aufgeführt. Ich fand es interessant, durch diese vielen Reisen und Choreografen jeweils die Folklore anderer Länder kennenzulernen.

Seit dem Tod ihres 2013 verstorbenen Mannes hat Monika Ehrhardt-Lakomy ein Unternehmen aufgebaut, das die gemeinsame künstlerische Arbeit fortführt. Dazu gehören unter anderem das Reinhard-­Lakomy-Ensemble, eine gemeinnützige Traumzauberbaum-GmbH und der Lacky-Musikverlag. Für Ihr Ensemble schreibt und inszeniert sie neue Bühnenshows. Am 13. November veröffentlicht sie ihr 15. Album, die CD „Mama Tresore und die Kanalrattenbande“: eine musikalische Geschichte über eine Stadtratte, fremde Waldtiere und die Kraft der Verständigung. Die CD steht in der Tradition des „Traumzauberbaum“-Zyklus, der seit 1980 millionenfache Verbreitung auf Tonträgern fand.

Haben die Reisen ihre Weltanschauung geprägt?

Ja. Ich habe immer gesagt, man hätte jeden DDR-Bürger vier Wochen durch die Welt schicken müssen und keinen Tag früher wieder nach Hause. Dann wäre hier einiges anders gelaufen. Es wollten ja keineswegs alle im Westen leben. Dort gab es die besseren Autos und pralle bunte Schaufenster, aber ich finde schon, dass in der DDR ein größeres Miteinander im Vergleich zu heute bestand. Andererseits gab es natürlich diese Bevormundung von oben. Ich dürfte mal eine Ballettreise in den Westen nicht mitmachen, weil ich die Ausbürgerung von Wolf Biermann kritisiert hatte. Den Typen konnte ich zwar nicht leiden, trotzdem fand ich, das ging zu weit.

Sie saßen vor 1989 als Abgeordnete für die SED in der Ostberliner Stadtverordnetenversammlung und nach der Wende für die PDS im Abgeordnetenhaus. Warum?

Ich war Mitglied des DDR-Schriftstellerverbandes, und 1986 sagte der Verbandschef Hermann Kant zu mir: Die brauchen da jemanden – Künstler, weiblich, SED-Mitglied. Mich für andere Leute einzusetzen, zum Beispiel bei Wohnungsnot, damit hatte ich nun kein Problem. Ich habe das auch leidenschaftlich getan, Diäten gab es dafür im Osten übrigens nicht. Etwas bewirken zu können, zu helfen an der Basis, wo das nötig war, sich solidarisch zu verhalten, das fand ich immer wichtig. Ich hätte es auch gut gefunden, wenn nach der Wende die guten Dinge von beiden Seiten auf einen Tisch gepackt worden wären, um sie in einem gemeinsamen Deutschland zusammenzubringen. Was für eine schöne Illusion.

Sie hätten Anfang der 1990er für die PDS in den Bundestag nach Bonn gehen können. Warum wollten Sie nicht?

Schon diese sich ihren Fraktionsvorgaben anheischig machenden Redner und Rednerinnen im Plenum, die mittelmäßige Ausdrucksweise in den Anträgen, das geht doch auf die eigene Denke. Außerdem hatte ich hier in Berlin meine kleine Tochter und meinen Mann, da wurde ich wirklich gebraucht. Ich wusste auch, mein Temperament würde das nicht aushalten.

Was hat Ihnen der Ausflug in die Politik gebracht?

Ich interessiere mich fast für alles, und wenn man das Gefühl hat, man könnte an einem Schräubchen mitdrehen, ist das erst mal gut. Aber als es losging mit Fraktionszwang, der das eigene Gewissen zurückstellte, da bin ich 1991 aus dem Abgeordnetenhaus raus. Ich hatte die Nase voll, denn es ging nicht mehr um Vernunft. Was die Linken einreichten, wurde von der CDU abgelehnt, aber umgekehrt ja auch.

Wie blicken Sie heute auf die Linkspartei?

Ich wähle immer links, weil es so viele gute Punkte in ihrem Programm gibt. Aber die dringen oft nicht nach außen, weil sich die ganze Partei gern zer­streitet.

Der linke Kultursenator Klaus Lederer hatte 2019 die Schirmherrschaft über einen Havanna-Trip von 50 Kreativen aus Deutschland übernommen, den Sie organisiert hatten. Warum haben Sie das auf die Beine gestellt?

Corona hat gezeigt, dass Kultur den Menschen ein Bedürfnis ist wie das tägliche Brot. Kein Video kann eine Livevorstellung ersetzen

Nachdem eine meiner Kurzgeschichten für Erwachsene ins Spanische übersetzt worden war, habe ich auf der Internationalen Buchmesse Havanna viele Schriftsteller kennengelernt und auch Verbindungen zum Kulturministerium bekommen. Dann wurde auch der „Der Traumzauberbaum“ ins Spanische übersetzt, und er sollte zum 500. Geburtstag Havannas im Theater aufgeführt werden. Aus dem Anlass habe ich eine Delegation zusammengestellt für ein bilaterales Künstlertreffen unter dem Motto „Juntos – Arte – Gemeinsam“. Es gab Ausstellungen in Galerien, Tanzaufführungen, Graffiti, Modeschauen, Musik, handwerkliche Künste, Lesungen, und eine Aufführung des „Traumzauberbaums“ mit kubanischer Besetzung. Leider waren die Container mit Kostümen und den gesponserten Geschenken im Zoll hängen geblieben. Mir war untersagt, den Zoll zu bestechen. Hätte ich bloß nicht darauf gehört. Wir waren schon längst wieder zu Hause, da wurden die Container endlich freigegeben, aber dann kam schon Corona! Deshalb musste die große „Traumzauberbaum“-Premiere von Oktober 2020 auf 2021 verschoben werden.

Wie sehr behindert Corona aktuell Ihre Arbeit?

Meinem Reinhard-Lakomy-Ensemble sind seit März über 40 ausverkaufte „Traumzauberbaum“-Shows weggebrochen. Jetzt gibt es eine erneute Schließung der Theater, was ich nicht für sinnvoll halte. Corona hat gezeigt, dass Kultur den Menschen ein Bedürfnis ist wie das tägliche Brot. Kein Video kann eine Livevorstellung ersetzen, die gemeinsame Energie von Bühne und Publikum ist belebend und beglückend. Die Theater können die Coronaregeln umsetzen, wenn man das wirklich will. Kultur ist ja auch ein Wirtschaftsfaktor, da werden andere „Wirtschaftsfaktoren“ ungleich besser unterstützt als die Kulturschaffenden. Wir schaffen ideelle Werte, die der Mensch braucht für seine geistige Hygiene.

Auch Bars und Kneipen sind gerade wieder dicht, darunter die Böse Buben Bar in Mitte. Namensgeber war Reinhard Lakomy.

Die Böse Buben Bar kommt in seinem Lied „Heute bin ich allein“ aus den Siebzigern vor. Damals hat Lacky tolle Songs geschrieben, zu denen es nichts Vergleichbares gab. Er saß am Konzertflügel und sang, das ist unvergessen. Musikalisch war er so vielseitig. Angefangen hatte er mit 16 als Jazzpianist, dann wurde er Sänger, Songkomponist, Arrangeur, Filmkomponist und Elektronikmusiker. Im Osten galt er nach seiner ersten Electronic-LP 1981 als „Papst der Elektronischen Musik“.

Er soll über die Mauer hinweg einen engen Draht zu Tangerine Dream in Westberlin gehabt haben.

Lacky war besessen von Klängen, die die materielle Welt nicht freiwillig rausrückt, die er mit konventionellen Instrumenten nicht hörbar machen konnte. Deshalb wollte er seine Klänge selbst programmieren und arbeitete so ab 1979 auch mit Ingenieuren zusammen. Mit Edgar Froese von Tangerine Dream stand er tatsächlich in gutem Kontakt, sie wurden Freunde. Lacky hat mit dafür gesorgt, dass Tangerine Dream 1980 im Palast der Republik als erste Westband überhaupt ein Konzert geben durften. Lacky war befreundet mit dem für Unterhaltung Zuständigen im Kulturministerium. Dem legte er nahe, dass Tangerine Dream doch ebenfalls in der Jugendkonzertreihe spielen sollte, in der auch Lacky mit elektronischer Musik auftrat. Beim Konzert sah er dann übrigens, dass Tangerine Dream ihren großen Moog-Synthesizer auf der Bühne kaum verwendeten, der blinkerte eigentlich nur als Fake. Daraufhin hat er Edgar Froese angesprochen und ihm das Teil für 11.000 D-Mark abgekauft, mit einem aben­teuerlichen Kredit. Jedenfalls stand der Moog, der mal Mick Jagger gehörte, auf einmal in Lackys Studio.

Der gehörte Mick Jagger von den Stones?

Ja. Dieser analoge Synthesizer von Robert Moog war in den Sechzigern der neueste Technikkram überhaupt. Moog hatte auch einen für Jagger gebaut, aber der und seine Musiker konnten damit nicht umgehen, hat er erzählt. Also hat Jagger ihn an Tangerine Dream verkauft, und über die landete der Moog bei uns im Tonstudio, in dem jetzt die Kita ist. Das Ding bestand aus lauter Modulen und war groß wie ein Kleiderschrank.

Haben Edgar Froese und Lacky auch mal zusammen Musik gemacht?

Lacky, den Froese für einen Topkomponisten und -pianisten hielt, sollte 1980 mit Tangerine Dream auf Australientournee gehen. Das hätte er gern gemacht, aber das Politbüro der DDR wäre im Viereck gesprungen. Außerdem wollte Edgar Froese, dass er dann auch festes Bandmitglied würde. Bei der Tournee wäre Lacky schrecklich gern dabei gewesen, aber für immer weggehen, das hatte er nie vor. Die Verbindung von Lacky und Tangerine Dream würde ich eigentlich gern mal in einer gemeinsamen Werkschau zeigen.

Sie haben ja wirklich eine ganze Menge vor?!

Deshalb will ich auch 101 Jahre alt werden, um das alles schaffen zu können.

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