Angebliche Clankriminalität in Hamburg: Diffamiert und stigmatisiert

Die Forderung der Hamburger CDU nach mehr Razzien in Shishabars ist Unsinn. Es entbehrt der Realität und fördert noch Vorurteile.

Polizisten stehen vor einer Shisha-Bar während einer Razzia von Zoll und Polizei

Razzia in einer Shishabar in Bochum voriges Jahr: Die CDU will auch in Hamburg mehr davon Foto: Bernd Thissen/dpa

Das Bild hat sich festgesetzt: Da sitzen sie, die kleinen und großen Gangster, nuckeln an ihren Shishas und besprechen derweil ihre illegalen Machenschaften. Nur: Das sind Bilder aus Serien wie „4 Blocks“ oder „Dogs of Berlin“, die anscheinend eine Menge Leute für die Realität halten. Mit schauriger Erregung wird die angebliche „Clankriminalität“ hochgejazzt, als gäbe es keine anderen Probleme. Vielmehr sind genau diese Vorstellungen das Problem.

Immer mehr wird am vorurteilsbeladenen Bild von kriminellen Ausländer*innen gebastelt. Jede Razzia in einer Shishabar, die öffentlichkeitswirksam aufbereitet wird, festigt das Bild. Die Hamburger CDU spielt das Spiel nun mit: Es sei doch klar, dass die Shishabars Aufenthalts- und Rückzugsort krimineller Clanmitglieder seien.

Dabei stellen selbst Veröffentlichungen der Polizei heraus, dass „Clankriminalität“ in Bezug zur Gesamtkriminalität kaum ins Gewicht fällt. Dagegen trifft sie das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung aber besonders stark. Mit Forderungen nach Razzien in Shishabars soll der Öffentlichkeit signalisiert werden, alles im Griff zu haben und für Ordnung sorgen zu können.

Was bei den Razzien, wie sie besonders in Nordrhein-Westfalen und Berlin seit einiger Zeit stattfinden, meist herauskommt, sind ein paar Ordnungswidrigkeiten: unverzollter Tabak, Hygienemängel und ähnliche Verstöße werden als Erfolg und Bestätigung für eine Razzia gewertet.

Was bei solchen Razzien meist herauskommt: ein paar Ordnungswidrigkeiten

Für die Beitreiber*innen ist es eine klare Ansage, die transportiert wird: Ihr und eure Gäste seid kriminell, das wird euch schon noch nachgewiesen. Diffamiert und stigmatisiert werden sie, ohne sich ernsthaft wehren zu können.

Es gibt auch in Hamburg einige Shishabar-Betreiber, die sich von der Polizei schikaniert fühlen. Doch die wenigsten wollen das öffentlich sagen. Ihre Befürchtung: Als Reaktion gibt es kurz darauf eine weitere Razzia, in der Dutzende Beamt*innen das Lokal stürmen. Wer hat darauf schon Bock?

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Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.

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