Andreas Speit
Der rechte Rand
: Wo eine Frau einen rechten Verlag übernommen hat

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Der Lühe-Verlag bittet auf seiner Webseite um die Mitarbeit bei der Befragung der „alten Generation“. Man sei auf der Suche nach „den Erinnerungen der Zeitzeugen des letzten Krieges“. Das würden immer weniger. „Von wem sollen wir wissen was geschah, wenn nicht von denen, die die Zeit miterlebten?“, schreibt der Verlag.

Worum es der Geschäftsführerin Sonnhild Sawallisch wirklich geht, deutet der Terminus „letzte Krieg“ an. Der Verlag aus dem schleswig-holsteinischen Süderbrarup möchte nicht die Verbrechen des Nationalsozialismus aufgreifen. Er wird sicher auch nicht die Ermordungen in den Vernichtungslagern erinnern wollen. Seit dreißig Jahren vertreibt der Verlag extrem rechte Publikationen.

Im Frühjahr 2019 schien noch das Aus des Verlages möglich. Der langjährige Geschäftsführer Harm Menkens war im März des Jahres verstorben. Ab 1987 hatte Menkens, Mitglied des Reichsbürger-Netzwerk „Volksgruppe Germaniten“ und des völkischen „Bund für Gott­erkenntnis“, den Verlag geleitet. Der ehemalige Seefahrtoberlehrer hatte immer wieder Konflikte mit der Staatsanwaltschaft Flensburg. Kurz vor seinem Tod war noch Anklage wegen Volksverhetzung gegen ihn erhoben worden. Zwei Durchsuchungen hatte die Staatsanwaltschaft wegen des Buches „Tell the thruth and shame the devil“ zuvor angeordnet.

Bis zu einer Razzia am 30. Januar 2019 konnte für 33 Euro die 600 Seiten umfassende deutsche Übersetzung „Wahrheit sagen – Teufel jagen“ über den Lühe-Verlag bezogen werden. In dem Buch schreibt Gerard Menuhin, Sohn des Violinenvirtuosen Yehudi Menuhin und der Tänzerin Diana Gould, dass der Holocaust die größte Lüge der Geschichte sei, dass Deutschland keine Schuld am Zweiten Weltkrieg habe, und dass Adolf Hitler der einzige Staatsmann gewesen sei, der die Welt vor der plutokratisch-jüdischen Gefahr hätte retten können. Dass Menuhin selbst Jude ist, verstärkt für Holocaust-Leugner seine vermeintliche Argumentation. Auch Ursula Haverbeck, mehrfach verurteilte Holocaust-Leugnerin, beruft sich auf seine Position.

Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.

Nun ist Sonnhild Sawallisch, die aus einer im „Bund für Gotterkenntnis“ aktiven Familie kommt, für das Programm des Verlags verantwortlich. Und auch jetzt kann das Buch von Menuhin noch auf der Webseite angeklickt werden. Rot hervorgehoben heißt es dort aber, dass der Verkauf wegen des Paragrafen 139 Strafgesetzbuch (Volksverhetzung) verboten sei. Durch die Beschlagnahmung würde es um den Verlag nicht gut stehen. Deshalb wird gebeten, „mit dem Kauf unserer anderen Bücher und Broschüren“ unterstützend zu helfen. Auf der Webseite bewirbt Sawallisch auch gleich weitere einschlägige Bücher: Gerd Schultze-Rhonhofs „1939 – Der Krieg, der viele Väter hatte“ oder F. E. von Langens „Das jüdische Geheimgesetz“.