Streit um iranische Moschee: Grüne tun sich schwer mit Mullahs

Das Islamische Zentrum Hamburg ist per Staatsvertrag der Stadt verbunden. Weil es aus dem Iran gesteuert wird, gibt es daran immer wieder Kritik.

EIn Mann kauert auf einem großen Teppich

Die Blau Mosche: Sitz des Islamischen Zentrums – und ein Ort zum Beten Foto: Daniel Reinhardt/dpa

HAMBURG taz | Die Imam-Ali-Moschee an der vornehmen Hamburger Außenalster ist ein blaues Gebäude im persischen Stil und eine der ältesten islamischen Einrichtungen in Deutschland. Ins Auge sticht sie nicht nur wegen ihres gediegenen Äußeren, sondern auch, weil sie Sitz des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) und damit die wichtigste Repräsentanz des iranischen Schiitentums in Deutschland ist. Deshalb wird regelmäßig in Frage gestellt, ob das IZH ein Partner der Stadt beim Staatsvertrag mit den muslimischen Gemeinden sein kann.

Hamburg hat 2012 als erstes Bundesland einen Staatsvertrag mit den muslimischen Verbänden abgeschlossen. Er betont gemeinsame Wertegrundlagen und gewährleistet deren Selbstverwaltung, die Feiertage, Religionsunterricht an den öffentlichen Schulen und das Recht der religiösen Betreuung in öffentlichen Einrichtungen.

Aktuell zeigen sich die entsprechenden Meinungsverschiedenheiten bei den Hamburger Grünen, die in der Hansestadt zusammen mit der SPD regieren. Die Bürgerschaftsabgeordnete Gudrun Schittek bezeichnete bei einer Demonstration zum Tag der Offenen Moschee das IZH als „das geistige Zentrum und die Propagandazentrale des Mullah-Regimes in Teheran“.

Leiter des Zentrums ist der hochrangige Koran-Gelehrte und Wissenschaftsmanager an der Universität Gom, dem wichtigsten theologischen Zentrum des Irans, Mohammad Hadi Mofatteh.

Menschenrechtsverletzungen, Kriege und Vertreibung

Die iranische Regierung sei verantwortlich für Menschenrechtsverletzungen, Kriege und Vertreibung, kritisiert Schittek. Das IZH dürfe deshalb nicht länger Partner im Staatsvertrag sein.

Die Grünen-Fraktionschefin Jennifer Jasberg, die am Donnerstag bei einer Podiumsdikussion zur Blauen Moschee, der als Terrororganisation verbotenen und vom Iran unterstützten paramilitärischen Organisation Hisbollah und dem Staatsvertrag auftreten sollte – jetzt ist sie verhindert -, sah sich zu einer Distanzierung veranlasst:

Gudrun Schittek (Grüne),Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete

„Wir engagieren uns gegen Rechtsradikalismus und genauso müssen wir uns gegen Islamismus wehren“

„Die Aussagen von Frau Schittek spiegeln nicht die Meinung der Fraktion wider“, teilte Jasberg mit. Die in Staatsverträgen vorgesehene Revision im Jahr 2022 wollten die Grünen nutzen, um Probleme anzusprechen und Lösungen zu finden. „Wir stehen zu dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen Bekenntnis zu den Staatsverträgen als geeignete Grundlage für den Austausch mit muslimischen Verbänden“, versicherte Jasberg.

Schittek weist darauf hin, dass sie am Anfang ihrer Rede deutlich gemacht habe, dass sie nicht für die Fraktion spreche, „sondern als Parteimitglied und Mitglied des Arbeitskreises Respekt und Klarheit der Grünen Hamburg“. Diese säkularen Grünen sehen die im Koalitionsvertrag mit der SPD vorgesehene Weiterführung des Staatsvertrages grundsätzlich kritisch. „Warum brauchen wir den Staatsvertrag in einem säkularen Staat, in dem jeder seine Religion frei ausüben kann?“, fragt Schittek.

Sollte der Staatsvertrag nach der für das kommende Jahr vorgesehenen Überprüfung verlängert werden, ginge das aus der Sicht Schitteks und ihrer Mitstreiterinnen nur ohne das IZH. „Wir engagieren uns gegen Rechtsradikalismus und genauso müssen wir uns gegen Islamismus wehren“, sagt Schittek. „Das gehört dazu für Demokraten.“

Um die Rede am Tag der Offenen Moschee sei sie von einem Parteifreund, einem Exiliraner, gebeten worden. Dieser habe selbst nicht sprechen wollen, weil er in Hamburg bedroht werde und Angst um seine Familie habe.

Die konkreteste Kritik am IZH bezieht sich auf den jährlich stattfindenden Al-Quds-Tag in Berlin, bei dem zur Vernichtung Israels aufgerufen wird. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes hat das IZH noch 2018 die Anreise aus der Metropolregion Hamburg organisiert. „Zu den Versammlungsteilnehmern aus dem IZH gehörten auch hochrangige Funktionäre, wie 2018 der stellvertretende IZH-Leiter“, teilte der Senat im Juli auf Anfrage der CDU-Bürgerschaftsfraktion mit.

Partner des Staatsvertrages ist das IZH als Mitglied der Schura, des Rates der Islamischen Gemeinschaften in Hamburg. „Wir arbeiten als Schura seit 20 Jahren mit dem IZH zusammen und haben nichts beobachtet, wo wir sagen würden, es gibt Handlungsbedarf“, sagt der Schura-Co-Vorsitzende Fatih Yildiz.

Bekenntnis zum Grundgesetz

Mit Unterzeichnung des Staatsvertrages bekenne sich das IZH zu den Werten des Grundgesetzes. „Da sich das IZH uneingeschränkt zu den Grundlagen unserer religiösen Tätigkeit und gesellschaftlichen Orientierung bekennt, besteht für Schura kein Grund, sich vom IZH zu trennen.“

Die Tatsache, dass das IZH vom Verfassungsschutz beobachtet werde, nähmen bestimmte Gruppen, wie auch die CDU, gerne zum Anlass, die Schura und den Staatsvertrag in Frage zu stellen, sagt Yildiz. Für die Schura sei klar: „Wir wollen keine Beteiligung des IZH am Al-Quds-Tag.“ 2019 habe das IZH daran auch nicht teilgenommen. „Das ist das, was wir besprochen haben“, sagt Yildiz. „Und daran wird sich auch gehalten.“ 2020 fiel der Tag coronabedingt aus.

Beschlusslage der Landesmitgliederversammlung der Grünen ist, dass sich Landesvorstand, Fraktion und Senator*innen weiterhin dafür einsetzen sollen, „dass seitens der Schura klare Zeichen ergehen, dass eine Teilnahme an Demonstrationen wie dem Al-Quds-Tag nicht mit dem Geist, in dem die Verträge geschlossen worden sind, vereinbar ist“. Die Parteigremien, Fraktion und Senator*innen sollten darauf achten, nicht-orthodoxe Muslime einzubinden. Die Meinungsbildung der Fraktion zum Staatsvertrag stehe noch aus, sagt Schittek.

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