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„Viele Pilze sind vertrocknet“

Wann, wo und wie sammelt man am besten Pilze? Der Mykologe Wolfgang Krantz erklärt, an welche Tipps man sich bei der Pilzsuche halten kann und warum die Körbe nicht voll werden

Einfach zu erkennen: ein Röhrling. Aber Vorsicht: Der hier ist schimmelig Foto: Ole Spata

Interview Paula Bäurich

taz: Herr Krantz, haben Ihre Pilz-Wanderungen aktuell viel Zulauf?

Wolfgang Krantz: Ja, ich habe sogar eine Grenze bei 20 Personen setzen müssen, weil das Interesse so groß ist. Die Menschen müssen in Rufnähe sein, wenn ich etwas erkläre. Am liebsten habe ich Gruppen mit sechs oder acht Personen.

Pilzesammeln scheint die perfekte Beschäftigung im Corona-Herbst zu sein.

Ja, auf jeden Fall. Man bewegt sich in kleinen Gruppen an der frischen Luft. Dabei kann man viel Abstand halten und gesund ist Bewegung an der frischen Luft ja sowieso.

Warum sammeln Sie so gern Pilze?

Ich verbringe sehr gern Zeit in der freien Natur. Und ich erfreue mich heute noch daran, wenn ich bei meinen Wanderungen neue oder sehr seltene Pilze finde. Für bestimmte essbare Pilze bekommt man sogar manchmal einen Finderlohn.

Waren Sie dieses Jahr erfolgreich?

Nein, leider nicht. Wir haben das dritte Jahr in Folge, in dem der September zu trocken ist. Deswegen sind viele Pilze vertrocknet. Mittlerweile hat sich der Pilzbestand immerhin wieder einigermaßen normalisiert.

Wann sollte man denn auf Pilzsuche gehen?

Die Saison beginnt Ende August. Die beste Zeit für die Pilzsuche ist dann im September und Oktober. Aber es gibt auch drei Winterpilze, die man essen kann, zum Beispiel der Winterrübling. Die kann man nach den ersten Frostnächten sammeln.

Dabei wäre es auch hilfreich, zu wissen, wo viele Pilze wachsen.

Dafür gibt es keine allgemeine Regel. In Monokulturen wie Fichten- oder Kiefernwäldern gibt es nur wenige Pilze, die man immer wieder findet. Besser ist es, wenn am Wegrand verstreut zum Beispiel Birken stehen. Denn in Mischwäldern gibt es mehr unterschiedliche Pilze.

Welche Tipps haben Sie für Laien bei der Suche?

Am sichersten ist es für Anfänger, Röhrlinge zu sammeln, also Pilze, deren Hutunterseite wie ein Schwamm aussieht. Da gibt es nur einen giftigen Pilz, den Satanspilz mit einem weißen Hut, roten Röhren und einem roten Stiel. Eine einfache Gruppe sind auch die Täublinge. Die haben brüchiges Fleisch im Hut und Stiel und weiße bis cremefarbige Lamellen. Für die gibt es eine Faustformel: Die milden sind essbar, die scharfen nicht. Man kann also eine Kostprobe machen und wenn die Milch im Pilz scharf schmeckt, einfach wieder ausspucken. Ansonsten kann der Pilz gegessen werden.

Wie sammle ich Pilze richtig?

Wenn ich den Pilz nicht kenne, muss ich ihn ausgraben, um ihn zu bestimmen. Als Pilzkenner ist es besser, den Pilz mit einem Messer abzuschneiden. Einige, zum Beispiel den Steinpilz, kann man auch sehr gut aus der Erde drehen.

Und wie wird der Pilz dann bestimmt?

Foto: F.oto Thorsten Wingenfeld

Wolfgang Krantz

74, arbeitet seit 45 Jahren in der Pilzschule Braudel. Er spielte in der Rockband „Jane“.

Dazu muss man sich den ganzen Pilz anschauen, von der Stielbasis bis zum Hut. Hat er eine Knolle? Wie ist sie geformt? Gibt es eine Manschette, also einen Ring am Stiel? Auch der Hut ist entscheidend: Welche Farbe hat er? Woraus besteht seine Unterseite? Und schließlich kann man den Pilz auch anschneiden und sich die Farbe des Fleischs anschauen, die sich bei einigen Pilzen bei einem Schnitt ändert.

Gibt es gesetzliche Vorschriften für das Pilzesammeln?

Pilze dürfen nur für den Eigenbedarf gesammelt werden. Und einige Pilzarten stehen unter direktem Naturschutz und dürfen nicht gesammelt werden. In Naturschutzgebieten und Nationalparks ist das Pilzesammeln generell verboten.

Wie sollten die Pilze aufbewahrt werden?

Gesammelt werden sollten die Pilze in einem Korb, auf keinen Fall in einer Tüte, dort werden sie nur zerdrückt. Später können sie im Kühlschrank gelagert werden, solange sie nicht luftdicht verpackt sind. Trotzdem sollten sie möglichst schnell gegessen werden, da Pilze auch von Schimmel befallen werden können und dann giftig werden.

Welche Tipps haben Sie zur Zubereitung von Pilzen?

Zuallererst: Pilze dürfen abgewaschen werden. Allerdings sollte man sie nach dem Abwaschen nicht in den Kühlschrank stellen, denn dann werden sie sofort von Schimmel befallen. Stattdessen müssen sie dann direkt zubereitet werden. Grundsätzlich gilt: Sind die Pilze nicht allzu dreckig, reicht es, sie trocken zu säubern. Meistens esse ich eine Pilzpfanne mit Zwiebeln und Speck. Noch lieber mag ich die Krause Glucke, auch Fette Henne genannt. Das ist ein Pilz, der aussieht wie ein Schwamm. Gebraten mit Pfeffer, Salz und Parmesan schmeckt er herrlich!