Liebig 34 geräumt

von Gereon Asmuth

Das Ende begann mit einem Baugerüst. Das stellte die Berliner Polizei am Freitagmorgen vor dem linksradikalen Hausprojekt Liebig 34 im Berliner Stadtteil Friedrichshain auf, um dann ein Fenster im ersten Stock einzuschlagen. Der Haupteingang des vor über 30 Jahren besetzten Hauses war zu sehr verbarrikadiert. Und so wurde ein Großteil der über 50 Personen, die die letzte Nacht im Haus verbracht hatten, auch durch das Fenster nach außen geleitet.

Die Räumung des Symbolobjekts der linken Szene war lange angekündigt. Wie so viele Häuser in Ostberlin war auch die Liebigstraße 34 im Wendesommer 1990 besetzt worden. Viel später bekamen die Nutzer*innen einen Gewerbemietvertrag für 10 Jahre. Als der 2018 ausgelaufen war, erstritt der Eigentümer vor Gericht einen Räumungstitel für das ganze Haus, auch wenn so etwas bei Wohnungen unüblich ist. Den Titel hat ein Gerichtsvollzieher nun mit Unterstützung der Polizei vollstreckt.

Da heftige Proteste erwartet wurden, war der Kiez bereits am Donnerstag weiträumig abgesperrt worden. Polizisten besetzten die Dächer aller Nachbarhäuser und rollten dort Stacheldraht aus. Benachbarte Schulen und Kitas blieben geschlossen. 1.500 Polizisten aus mehreren Bundesländern waren am Ende im Einsatz.

Die Proteste aber blieben vergleichsweise harmlos. Am Vorabend waren nur ein paar Hundert DemonstrantInnen unterwegs, am frühen Freitagmorgen waren es kaum mehr als Tausend. Immer wieder kam es zu heftigen Rangeleien mit der Polizei. Im Umfeld brannten einige Mülltonnen und mindestens ein Auto. Währenddessen wurden die Bewohner*innen des anarcho-queer-feministischen Projekts nach und nach aus dem Haus gebracht. Einige gingen mit gereckter Faust, andere wurden von Beamten weggeschleppt, teils mit auf den Rücken verdrehten Armen. Alle bekamen Applaus von anwesenden Unterstützer*innen.

Die in Berlin regierende rot-rot-grüne Koalition hatte sich weitgehend aus dem Konflikt um das Haus rausgehalten. Bei der Wahl 2016 hatten Grüne und Linke profitiert, weil sie zuvor die Räumungspolitik des damaligen CDU-Innensenators kritisiert hatten.