Rücktritt von Kirgistans Präsident: Faire Wahlen fehlen trotzdem

Kirgistan liegt in Sachen Demokratie unter den Ex-Sowjetrepubliken Zentralasiens vorn. Und hat trotzdem noch einen weiten Weg vor sich.

DemonstarntInnen mit roten Flaggen.

AnhängerInnen des neuen neue Regierungschef Sadyr Schaparow in Bischkek Foto: Vladimir Pirogov/reuters

Eines muss man dem kirgisischen Präsidenten Sooronbaj Dscheenbekow lassen: Mit der Ankündigung, seinen Posten zu räumen, hat er zumindest Wort gehalten. Dieser Rücktritt unterscheidet ihn in markanter Weise von dem belarussischen Dauerherrscher Alexander Lukaschenko. Der klammert sich weiter an sein Amt und hat sogar gedroht, mit scharfer Munition auf friedliche Demonstrant*innen schießen zu lassen.

Die jüngsten Ereignisse in Kirgistan sind aber auch ein Alleinstellungsmerkmal des Landes in der gesamten Region. Immerhin ist es nach 2005 und 2010 bereits das dritte Mal, dass sich die Kirgis*innen ihrer Regierung entledigt haben. Demgegenüber scheinen die autokratischen Herrscher der anderen Ex-Sowjetrepubliken in Zentralasien weiter fest im Sattel zu sitzen.

Erst am vergangenen Sonntag ließ sich Tadschikistans Staatschef Emomali Rachmon für seinen „grandiosen“ Sieg bei der Präsidentenwahl feiern, die er angeblich mit fast 91 Prozent der Stimmen gewonnen hatte. Allerdings muss bezweifelt werden, dass Dscheenbekows Rücktritt die politische Krise in Kirgistan entschärfen kann und dem Land zu einem Mindestmaß an Stabilität, ja vielleicht sogar zu einem Neuanfang verhilft.

Der neue Regierungschef Sadyr Schaparow, nationalistischer Umtriebe alles andere als unverdächtig, hat in den vergangenen Tagen vor allem auf die Gewaltbereitschaft seiner Anhänger denn auf wirkliche Dialogbereitschaft gesetzt. Am Donnerstag erklärte er sich kurzerhand auch noch zum neuen Präsidenten.

Auch Schaparows Ankündigung, mit Korruption und Vetternwirtschaft aufräumen zu wollen, ist mit Skepsis zu betrachten. Denn dieses Unterfangen ist eine Herkulesaufgabe in einem Land, in dem der Kampf rivalisierender Clans die Politik maßgeblich mitbestimmt. Und last but not least: Um den Staatsorganen die notwendige Legitimität zu verschaffen, braucht es alsbald Neuwahlen. Diese müssten die Kriterien frei und fair erfüllen sowie unter internationaler Beobachtung stattfinden. Dies ist in Kirgistan aber leider keine Selbstverständlichkeit. Noch nicht.

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Geboren 1964, ist seit 1995 Osteuropa-Redakteurin der taz und seit 2011 eine der beiden Chefs der Auslandsredaktion. Sie hat Slawistik und Politikwissenschaft in Hamburg, Paris und St. Petersburg sowie Medien und interkulturelle Kommunikation in Frankfurt/Oder und Sofia studiert. Sie schreibt hin und wieder für das Journal von amnesty international. Bislang meidet sie Facebook und Twitter und weiß auch warum.

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