galerie barbara weiss
: Erleichterung der Luft: Berta Fischer

Berta Fischer, „Awtokin“ (2020) Foto: Jens Ziehe; courtesy of the artist and Galerie Barbara Weiss, Berlin

Die Leichtigkeit, mit der Berta Fischers Skulpturen in der Galerie Barbara Weiss im Raum schweben, von der Decke gleiten und die Wände umschmiegen, ist dem bevorzugten Material der Künstlerin zu verdanken – sie arbeitet vornehmlich mit Akrylglas, das bei ihr farbenreich, manchmal sogar in Perlmutt schillernd, und doch durchscheinend ist.

Nähert man sich diesen fließenden Gebilden, kommt eine zweite Ebene zum Vorschein. Denn zu Farbintensität kommt es nicht nur an den äußeren Schnittkanten, wie man es von Akrylglas kennt. Immer da, wo Fischer das Akryl nach Erhitzung in ihre unteschiedlichen Formen gebogen hat, treten Verdichtungen an den Faltstellen auf, versammeln sich Mikrofasern zu dunkleren, feinen Momenten im Material, die das Auge binden.

Zehn neue Arbeiten aus diesem Jahr sind zu sehen. Besser hätte die Galerie ihre frisch umgebauten Räume zum Gallery Weekend nicht einweihen können, denn auch hier ist alles luftiger geworden, der Tresen in den Eingangsbereich gewandert und so eine noch großzügigere Ausstellungsfläche enstanden, samt kleinem Nebenraum, der den Fokus verdichtet.

Fischer hat dort „Priw“ untergebracht, ein hellblaues, 108 x 160 x 50 cm großes, durchgehendes Stück, in das dünne Zuschnitte in Orange und Gelb eingearbeitet sind. Das ist das Schöne an ihren fliegenden Skulpturen, dass der Grad an Filigranität ins Äußerste gesteigert sein kann, wie bei der riesigen vielfarbigen, korallenartigen Wolke namens „Awtokin“ (305 x 230 x 280 cm), die sich aus unzähligen, ineinander verflochtenen Strängen zusammensetzt. Andere Arbeiten wie „Priw“ können aber eben auch wie aus einer großzügigen Armbewegung heraus in die Breite wandern: Das Feingliedrige und das Ausladende gehören bei Fischer zusammen.

Als wolle sie ein allzu leichtfüßiges Abheben dann doch zu verhindern wissen, hängt in der Ausstellung auch „Tomro“, ein amorphes Konglomerat aus Kunststoff und Sprayfarbe an der Wand, das als saftig tropfender Klumpen Silber einen kurzen Ankerpunkt bietet.

So geerdet schaut es sich noch besser. Und was dabei entsteht, ist eine Erleichterung der Luft, wie sie momentan überall sonst so sehr fehlt.

Noemi Molitor