Das Geld reicht nur für warme Worte

Mehr Lohn fordern Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. In der Bürgerschaft will sich die Linke mit dem Streik solidarisieren – und vergisst dabei ihre Rolle als Regierungsfraktion

Alle Räder stehen still, wenn der starke Arm es will – die BSAG hat in Bremen für flächendeckende Tarifverträge gestreikt Foto: Michael Bahlo

Von Lotta Drügemöller

Nix geht mehr. Haltestellen sind verwaist, kein Bus, keine Bahn wird angezeigt: Der Streik von Ver.di hat am Mittwoch erneut den ÖPNV in Bremen lahmgelegt. Wie am Dienstag der Vorwoche hatte sich die Bremer Straßenbahn AG entschieden, keinen Notverkehr aufrecht zu erhalten, sondern verlässlich jede Verbindung ausfallen zu lassen.

Die Gewerkschaft Ver.di fordert für den ÖPNV einen bundesweit einheitlichen Tarifvertrag. In den Ländern gebe es bisher unterschiedlichste Regelungen, so Kornelia Knieper, stellvertretende Bezirksgeschäftsführerin von Ver.di in Niedersachsen/Bremen. Im Raum stehen die 35-Stunden-Woche und weniger Sonntagsdienste für Fahrer*innen. Der ÖPNV-Streik ist eingebettet in einen größeren Kontext: Für den gesamten öffentlichen Dienst führen die Gewerkschaften gerade Verhandlungen. 4,8 Prozent mehr Lohn soll es geben, mindestens aber 150 Euro als pauschale Erhöhung für die unteren Gehaltsstufen.

Einerseits ein guter Zeitpunkt: Zumindest einige Angestellte des Sektors, Pflegekräfte etwa, haben zuletzt viel Anerkennung erfahren. Selbst die FDP in Bremen äußert sich wohlwollend und hält es „grundsätzlich für richtig, für diese mäßig bis schlecht bezahlten Jobs mehr Gehalt zu zahlen“, so deren designierter Landesvorsitzender Thore Schäck.

Doch die Forderungen treffen nicht nur auf offene Ohren, sondern auch auf leere Kassen: Für Bremen hatte die jüngste Sondersteuerschätzung ergeben, dass die finanziellen Auswirkungen der Pandemie auch 2021 noch gravierend sein werden. Entsprechend zurückhaltend zeigt sich das Land. „Die Forderungen der Gewerkschaft halten wir für zu hoch. Sie sind nicht bezahlbar“, sagt Staatsrat Martin Hagen, der Bremen bei den Verhandlungen in der Vereinigung kommunaler Arbeitgeber (VKA) vertritt. 17,5 Millionen Euro mehr würden die Tarife Bremen kosten, jedes Jahr.

Glänzen kann die Landesregierung hier also nicht. Umso erstaunlicher, dass die Linke die Warnstreiks als Thema einer Aktuellen Stunde in die Bürgerschaft getragen hat. Man erwarte „als Fraktion“, dass sich „das Land Bremen für einen fachkräftesichernden Abschluss einsetzt“, so deren gewerkschaftspolitischer Sprecher Ingo Tebje. „Man kann bei Tarifverhandlungen nicht alles über Bord werfen, was man vorher anderswo gesagt hat“, fordert er – bloß, von wem?

„Die Forderungen halten wir für zu hoch“

Martin Hagen, Staatsrat Finanzen

Die weiteren Regierungsfraktionen üben sich im Folgenden in der schwierigen Grätsche, sich als arbeitnehmerfreundlich darzustellen und dabei doch die Landesregierung als klammen Arbeitgeber zu verteidigen. „Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes haben den Laden am Laufen gehalten“, lobt Björn Fecker (Grüne), weist aber darauf hin, dass die grüne Verkehrssenatorin Maike Schaefer als Aufsichtsratsvorsitzende der BSAG „in erster Linie für die Interessen des Betriebs zuständig“ sei. Sascha Aulepp (SPD) betont: „Gutes Handeln setzt gute Arbeitsbedingungen voraus“ – aber erwartet, „dass die Tarifabschlüsse maßvoll sein werden“.

„Welche Rolle spielt die Linkspartei?“, will Jens Eckhoff, haushaltspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, wissen. Unglaubwürdig sei es für Regierungsparteien, sich für die Forderungen der Arbeitnehmer*innen einzusetzen – um ihnen dann nicht nachzukommen. „Das führt zu Politikverdrossenheit.“

Knieper von Ver.di sieht das Engagement der Regierungsfraktion trotzdem erst mal positiv. „Es ist ein Fortschritt, wenn sich Fraktionen für uns einsetzen.“ Dass die Ausgangsvoraussetzungen für Verhandlungen nicht ideal sind, weiß man bei der Gewerkschaft. Ver.di hatte deshalb zunächst einen Abschluss für nur ein Jahr ins Spiel gebracht, um die eigentlichen Verhandlungen nach der Krise führen zu können. „Aber es hat da null Entgegenkommen von den Arbeitgebern gegeben“, so Knieper.