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: „Für Stahl ist das eine Perspektive“

Foto: privat

Olvier Powalla, 38, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Kopernikus-Projekt Power-to-x des Bundes.

Interview Benno Schirrmeister

taz: Herr Powalla, Wasserstoff-Hypes gab es immer mal wieder. Erleben wir nur eine Neuauflage?

Oliver Powalla: Ja, es hat schon etwas von einem Hype: Wir reden im Grunde über einen der letzten Schritte der Energiewende. Denn wenn wir über Wasserstoff sprechen, ist klar, dass wir über eine Zukunftstechnologie reden, die voraussetzt, dass sehr viel passiert sein muss, damit sie das leistet, was man sich von ihr verspricht. Es gibt bei der Energiegewinnung also andere Fragen, die wir eher angehen können und auch sollten.

weil wir gar nicht genügend grünen, also umweltverträglich freigesetzten Wasserstoff haben?

Das hängt natürlich von der Nachfrage ab und wie man die steuert. Wenn man glauben würde, darauf so schnell wie möglich komplett umsteigen zu sollen, würde die natürlich alle Kapazitäten sprengen – und man müsste auf Wasserstoff zurückgreifen, durch dessen Herstellung noch mehr CO2 freigesetzt würde, als es vorher der Fall war. Das ist natürlich nicht das Ziel. Sinnvoll ist es daher zunächst, nur an definierten Punkten auf Wasserstoff zurückzugreifen und dafür zu sorgen, dass man dort, wo man schon jetzt Wasserstoff braucht, solchen einsetzt, der ressourcenschonend gewonnen wird.

Heißt punktuell auch, wie hier in Bremen überlegt wird, dafür zu sorgen, dass einzelne Großverbraucher wie die Stahlwerke auf Wasserstoff umsteigen?

Für Stahl ist das sicher eine Perspektive. Aber auch da muss man die realen Mengen im Blick haben, also wie viel Stahl benötigt wird und welche Energiemengen für die Herstellung erforderlich sind. Wir sollten nur wirklich grüne Technologien fördern, beispielsweise den effizienteren Umgang mit Überschussstrom aus der regenerativen Erzeugung.

Wie lange dauert es, bis die Zukunftstechnologie Wasserstoff durchgesetzt ist?

Auf dem Weg zur H2-Gesellschaft? Online-Panel der Böll-Stiftung auf Zoom heute, 14 Uhr, auf Zoom erreichbar unter https://calendar.boell.de/de/civi_register/142107

Das hängt vom Ausbau der Erneuerbaren ab. Wenn es so langsam vorangeht wie derzeit, bleibt der Spielraum für die Wasserstofferzeugung noch lange stark limitiert.

Das heißt, wir sollten doch auch stärker übers weniger populäre Thema Verzicht sprechen?

Momentan wird in der Diskussion gern so getan, als stünde unbegrenzt Wasserstoff zur Verfügung, etwa aus Afrika. Dass es dort Eigenbedarfe gibt und auch andere Interessenten als Deutschland, wird dabei vergessen. Insofern: Ja, die Frage der Suffizienz ist nicht vom Tisch. Wir müssen uns weiter Gedanken machen, wie können wir unsere Ressourcen effizienter nutzen, auf welche Flüge und welche Verkehre können wir verzichten, ohne dafür unseren Wohlstand aufzugeben. Diese Fragen werden durch den Wasserstoff-Hype mitunter verdeckt.