Kommentar von Alexander Diehl zu Paulihaus und Hamburger Geschäftssinn
: Immobilienwolf im Kiezschafspelz

St. Pauli bräuchte mehr Bürgerbeteiligungen, Mieterschutz und weniger schlimme Events wie den Schlagermove“: Klingt wie aus einem gentrifizierungskritischen Flugblatt, steht aber in einer Broschüre, herausgegeben von der Immobiliengesellschaft „Hamburg Team“ – einem der Player hinter dem „Paulihaus“. Kritiker*innen des geplanten Bürogebäudes muss es erscheinen, als spräche da ein Bock die Sprache des Gärtners – oder gleich der Immobilienwolf im Kiezschafspelz?

Gerade die unzureichende Beteiligung, also das Nicht-mitreden-Dürfen ist eines der Hauptargumente gegen „den Büroriegel, der mit St. Pauli wirklich gar nichts zu tun hat“, wie es die Anwohner*inneninitiative „Unser Areal“ mal formuliert hat; ein anderes: die drohende Verdrängung mindestens einer (Gewerbe-)Mieterin: des Restaurants „Maharaja“. Ein drittes: Es sei anfangs mit einem verhalteneren Entwurf um Zustimmung geworben worden, als am Ende tatsächlich realisiert werden soll.

Weitere Büros freilich passen nur dann nicht in den angeblich so anderen Stadtteil, wenn man Kiezkitsch mit der Realität verwechselt. Und nicht selten müffelt der Verweis auf den „St.-Pauli-Code“ arg nach „Nicht in meinem Hinterhof“. Mit den Berechnungen der Linken-Abgeordneten Heike Sudmann dagegen könnte mal ein wirklich stichhaltiger Einwand auf dem Tisch liegen: Wenn sie eines verstehen, die Projekte Entwickelnden und Kreditlinien Gewährenden, dann das mit dem Geld.

Wie viel darf es der Stadt wert sein, eine offenkundig personalextensive Kreativklitsche am Standort zu halten? Denn wie war das noch mal genau mit den Arbeitsplätzen, die am Ende am Neuen Pferdemarkt ansässig sein werden? Sind es – statt einst versprochener 360 – noch 90? Oder sogar nur 32, wie die Mopo errechnete?

Gerade erst haben sich Rot und Grün auf Maßnahmen gegen Boden- und Immobilienspekualtion geeinigt – da erklärt der SPD-Fraktionschef zum Paulihaus: „Es ist im Interesse der Stadt, dass Grund und Boden wertsteigernd weiterentwickelt werden.“ Das freilich ginge anders, zumal jetzt noch ein Sozi-Projekt an Fahrt aufnehmen soll: der Wohnungsbau an Hauptverkehrstraßen. Warum nicht auch am Neuen Pferdemarkt?