Sieben Masken undeine große Botschaft

Die japanische Tennisspielerin Naomi Osaka beeindruckt im Finale der US Open mit ihrem Kampfgeist und dem Einsatz gegen Rassismus

Ihre politischen Botschaften reichen weit über die Tenniswelt hinaus. Mit dem zweiten US-Open-Triumph und dem dritten Grand-Slam-Pokal ihrer noch immer jungen Karriere hat die 22 Jahre alte Naomi Osaka ihren Platz im Olymp ihrer Sportart gefestigt. Sie wird in der neuen Weltrangliste auf Platz drei klettern, sie wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch mehrere der ganz großen Turniere gewinnen. Und natürlich hat sie mit dem Sieg gegen Victoria Asarenka aus Belarus nach zwischenzeitlichem 1:6, 0:2 auch wieder einen Beitrag für die Historienschreiber des Frauentennis geleistet.

Als erste Spielerin seit der Spanierin Arantxa Sánchez Vicario im Jahr 1994 hat die junge Frau aus Osaka ein US-Open-Endspiel nach verlorenem ersten Satz noch gewonnen. Sie wird nach den Titelgewinnen bei den US Open 2018 und den Australian Open 2019 nun als dreimalige Grand-Slam-Championesse geführt. Doch wer die vergangenen ­Wochen in der Tennisblase in New York verfolgt hat, kommt um die Erkenntnis nicht umhin: Naomi Osaka wird nicht nur das Frauentennis der ­kommenden Jahre sportlich prägen. Nein, sie hat sich als wohl kraftvollste und meinungsstärkste Stimme im weltweiten Tenniszirkus positioniert.

Anders als noch vor zwei Jahren, als Osaka im skandal­umtosten Endspiel von New York Serena Williams bezwang, gehörten diesmal die Schlagzeilen ihr alleine. Williams hatte damals den Schiedsrichter als „Dieb“ bezeichnet, ihm Rassismus und Sexismus vorgeworfen.

„Der Punkt ist, dass ich wollte, dass die Leute anfangen darüber zu reden“, sagte Osaka in der per Video übertragenen Pressekonferenz über ihre Aktionen und Auftritte im Kampf gegen Polizeigewalt und Rassismus in den USA. Beim von Cincinnati nach New York verlegten Vorbereitungsturnier wollte sie nicht zu ihrem Halbfinale antreten und folgte dem Vorbild der Basketballprofis der Milwaukee Bucks. Später wurde der US-Profisport an diesem Tag abgesagt.

Mit ihrem Freund, dem Rapper Cordae, der während des Turniers auf den fast leeren Tribünen des Arthur-Ashe-Stadiums auch mal mit einem T-Shirt mit der übersetzten Aufschrift „Überall in der Kultur leiden dunklere Leute am meisten – warum?“ saß, war Osaka in Minneapolis, um sich den Protesten nach dem Tod von George Floyd anzuschließen.

Den Namen des getöteten Afroamerikaners trug sie nach dem Viertelfinale auf ihrer Mund-Nase-Maske. Sieben Namen präsentierte sie, sieben Rassismusopfern verhalf sie über das Fernsehen und die sozialen Netzwerke dazu, wahrgenommen zu werden: Breonna Taylor, Elijah McClain, Trayvon Martin, Ahmaud Arbery, George Floyd, Philando Castile und zum Schluss Tamir Rice. Der damals Zwölfjährige war 2014 in der US-Stadt Cleveland von einem Polizisten erschossen worden. Der Junge hatte auf einem Parkplatz mit einer Spielzeugpistole hantiert. „Ich wollte, dass mehr Menschen mehr Namen sehen“, sagte Osaka über ihr Vorhaben, sieben Masken nach sieben Matches zu tragen – die letzte nach dem Endspiel.

Legendär schon jetzt ihre schlagfertige Antwort im Siegerinterview auf dem Platz. „Sie hatten sieben Masken für sieben Matches mit sieben unterschiedlichen Namen dabei. Welche Botschaft wollten Sie damit zum Ausdruck bringen?“, wurde Osaka gefragt. Sie entgegnete dem Reporter: „Nun, welche Botschaft ist denn bei Ihnen angekommen?“ (taz, dpa)