Grote vermisst Anruf vom Chef

Ein Kieler Landtagsausschuss befasst sich mit der Entlassung des Innenministers Hans-Joachim Grote. Die vielen Fragen der SPD waren den Regierungsfraktionen nicht recht, neue Erkenntnisse gab es kaum

Von Esther Geißlinger

Warum warf Ministerpräsident Daniel Günther im April seinen Innenminister Hans-Joachim Grote (beide CDU) aus dem Amt, welche Rolle spielten dabei interne Berichte der Kieler Staatsanwaltschaft, und hat die Regierung den Fall korrekt dargestellt? Für die SPD-Opposition im Kieler Landtag blieben dazu Fragen offen – die stellten die Abgeordneten nun in einer ganztägigen Ausschusssitzung. Es gab einen heftigen Schlagabtausch, aber kaum neue Antworten.

Der Oppositionsführer stelle „seit Monaten Falschbehauptungen auf“, griff Ministerpräsident Günther Ralf Stegner an und forderte, der SPD-Fraktionschef solle sich bei den Betroffenen entschuldigen. Der konterte, Günthers Erklärungen seien widersprüchlich und könnten daher nicht alle wahr sein. Diese Sätze fielen bereits vor Beginn der Sitzung im Kieler Landtag, in ähnlichem Ton ging es im Saal weiter. Die SPD hatte sich akribisch auf den Termin vorbereitet. Die Abgeordneten stellten zahlreiche Fragen mit Blick auf kleinste Details. „Zum Mittag gab’s Suppe, da war kein Haar drin, aber hier findet Herr Stegner sicher noch eines“, ätzte der CDU-Abgeordnete Lukas Kilian. Stegner bohrte weiter, um Regierungsmitglieder in Widersprüche zu verwickeln – bis der anfangs tiefenentspannte Günther die Geduld verlor: „Sie schmeißen wirklich alles zusammen!“

Vertrauen verloren

Kritik an der Art der Fragestellung kam auch von den Regierungsfraktionen Grüne und FPD, die von Grotes Entlassung überrascht worden waren. Kritische Fragen an die Regierung seien angebracht, sagte die Grüne Eka von Kalben, doch es fehle an „Ernsthaftigkeit“.

Günther hatte gesagt, er habe das Vertrauen zum Minister verloren, nachdem er Chatprotokolle zwischen einem Polizeigewerkschafter und einem Journalisten gelesen hatte, die teilweise Grote betrafen. Gegen den Gewerkschafter wurde inzwischen Anklage erhoben, unter anderem, weil er Dienstgeheimnisse verraten haben soll. Die Gespräche über Grote waren „Beifang“ auf dem Smartphone des Beschuldigten.

Die SPD sieht kritisch, dass die Staatsanwaltschaft mit einer sogenannten „Berichterstattung in Strafsachen“(Bestra) Informationen über einen Nicht-Beschuldigten weitergegeben hatte. Die damalige Justizministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU), Grotes Nachfolgerin im Innenministerium, hatte den Bericht weitergegeben und sieht es als ihre Pflicht an, den Ministerpräsidenten zu informieren.

Günther betonte, für ihn sei ausschlaggebend gewesen, dass der Minister, mit dem er zuvor gut zusammengearbeitet hatte, ihm nicht die Wahrheit über seinen Kontakt zu dem Journalisten gesagt hatte. „Es war so eindeutig ein Vertrauensbruch, dass es weiteren Nachdenkens nicht bedurfte.“ Stegner wiederholte mehrfach, es stehe Aussage gegen Aussage, denn Grote widerspricht dieser Darstellung.

Grote wünschte sich Anruf

Jan-Marcus Rossa (FDP) wies das zurück: „Es gibt keine Widersprüche. Sie reiten auf Gäulen, die längst tot im Sand liegen“, sagte Rossa an die Adresse der SPD-Fraktion. Lars Harms (SSW) sagte: „Es war in Ordnung, den Rat der Staatsanwaltschaft zu holen, anderes ist Bewertungssache.“ Ex-Minister Grote äußerte am Rand der Sitzung, er habe sich „gewünscht, Daniel Günther hätte mal zum Hörer gegriffen und mit mir gesprochen“.