streik in bremerhaven
: „‚Nordsee‘ ist ein kleiner Fisch“

Foto: NGG

Moritz Steinberger,

45, ist Gewerkschaftssekretär bei der Gewerkschaft Nahrung-

Genuss-

Gaststätten (NGG), Region Weser-Elbe.

Interview Marie Gogoll

taz: Herr Steinberger, schon wieder ein Streik bei der Hauptverwaltung von „Nordsee“. Was soll das?

Moritz Steinberger: Wir streiken, weil wir einen Sozialtarifvertrag fordern, aber der Arbeitgeber noch immer nicht in Verhandlungen mit uns geht. Im Herbst letzten Jahres wurden massive Sparmaßnahmen und ein Umzug der Hauptverwaltung angekündigt. Ersteres wurde schon in Form von Kündigungen umgesetzt. Über einen möglichen Umzug gibt es aber noch immer keine Klarheit.

Warum ist das so schlimm?

Zum einen möchten viele Bremerhaven nicht verlassen, weil sie hier verwurzelt sind. Wenn, dann sind es meistens die jungen Kolleg*innen, die sich vorstellen könnten, für den Konzern umzuziehen. Die haben auch jüngere Verträge, sie bekommen weniger Lohn. Das ist der Geschäftsführung natürlich klar. Zum anderen möchten wir endlich Klarheit in der Standortfrage. Und wenn wir umziehen, wovon wir mittlerweile ausgehen, möchten wir wenigstens einen Sozialtarifvertrag.

Was nützt der?

Der funktioniert wie ein Sicherheitsgurt und regelt, was im Fall eines Umzugs passiert. Zum Beispiel, ob Abfindungen gezahlt oder Weiterbildungen angeboten werden.

Das ist jetzt schon der fünfte Streik für dieses Anliegen. Zweifeln Sie langsam daran, ob Streik überhaupt ein wirksames Mittel ist?

Zweifel sind natürlich immer da, aber wir müssen bis zuletzt versuchen, den Arbeitgeber zu Gesprächen zu animieren. Wir bauen darauf, dass die Geschäftsführung Interesse daran hat, einzulenken.

Und wenn das nicht passiert?

Dann müssen wir schauen, wie wir ein solches Verhalten rechtlich angreifen könne. Man könnte zum Beispiel die Frage diskutieren, ob ein Unternehmen nicht generell dazu verpflichtet werden sollte, bei einer Standortverlegung Abfindungen zu leisten.

Streik: Seit Montag haben Beschäftigte der Hauptverwaltung von „Nordsee“ in Bremerhaven erneut die Arbeit niedergelegt

Wie wird es jetzt weitergehen?

Wir streiken noch die ganze Woche. Wir wollen dem Unternehmen durch den Entzug der Arbeitskraft so schaden, dass es attraktiver ist, auf unsere Forderung einzugehen als uns weiter zu ignorieren. Nächste Woche Mittwoch veranstalten wir eine offene Diskussion zum Thema „Unternehmerische Verantwortung vs. unternehmerische Freiheit“. Dazu haben wir auch die Geschäftsleitung eingeladen, aber noch keine Antwort bekommen.

Kommt Nordsee seiner unternehmerischen Verantwortung nach?

Nein, stattdessen wird der Konzern nach dem Vorbild anderer Schnellrestaurantketten wie McDonald’s umgebaut. Aber „Nordsee“ ist ein kleiner Fisch im Vergleich zu solchen Marken. Der Konzern sollte sich auf sein Alleinstellungsmerkmal – die Tradition und Verbundenheit mit Bremerhaven – konzentrieren, anstatt auf eine neoliberale Unternehmensführung.