Kommentar von André Zuschlag über Falschangaben auf Corona-Kontaklisten in Gaststätten
: Die Polizei sabotiert die Schutzmaßnahmen

Anfang Juli machte sich ein mulmiges Gefühl breit: Da kamen erstmals die Meldungen auf, dass die Polizei für ihre eigenen Ermittlungen auf die Corona-Kontaktlisten zugreift. Es muss sich deshalb niemand wundern, wenn Leute falsche Daten in die Kontaktlisten eintragen. Tatsächlich sabotiert die Polizei mit der Nutzung für andere Zwecke die Corona-Schutzmaßnahmen. Denn ursprünglich galt: Die Listen sind einzig zur Eindämmung der Pandemie da. Dass nun wiederum die Gaststätten-Besitzer*innen für Falschangaben haften sollen, ist deshalb nur umso absurder.

In Hamburg war Anlass für einen Zugriff auf die Daten durch die Polizei, dass ein Mann Passant*innen und Gäste eines Restaurants mit einem Teppichmesser bedroht haben soll. Da nach Angaben der Polizei nicht klar war, welche Gäste als Augenzeug*innen infrage kommen, hatte sie die Corona-Kontaktliste des Restaurants genutzt und die dort aufgeführten Personen kontaktiert.

Für die Ermittler*innen mag dieses Vorgehen verständlich sein, geht es doch um einen gefährlichen Menschen. Da müssen doch alle Hebel in Bewegung gesetzt werden! Nur: Wo soll das denn aufhören? Ab welcher Qualität von Straftat greifen die Ermittler*innen denn auf die Listen zu? Und geht es immer nur um eine kurze Nachfrage, ob Menschen zufällig etwas gesehen haben?

Reaktion auf die Nutzung der Daten

Es kann diskutiert werden, ob falsche Angaben eine angemessene Reaktion sind. Fakt ist: Die falschen Angaben sind auch eine Reaktion auf die Nutzung der Listen durch die Polizei für gänzlich andere Zwecke. Unterm Strich erweist die Polizei der Gesellschaft damit einen Bärendienst. Vielleicht mag die ein oder andere Straftat so aufgeklärt werden. Dass die Schutzmaßnahmen vor der Ausbreitung des Virus damit aber torpediert werden, ist problematischer.

Da zählt auch nicht der Hinweis, dass wir alle digital viel mehr Daten hinterlassen. Ja, vielleicht sind zu viele zu inkonsequent: keinen Bock, den Zettel mit der eigenen Adresse auszufüllen, aber über die sozialen Medien ständig hoch private Fotos posten. Nur rechtfertigt das immer noch nicht die polizeiliche Nutzung der Kontaktlisten.

Das Misstrauen haben sich die Behörden dank der Polizei ohnehin in mühevoller Arbeit selbst verdient. Wer ständig illegal Daten aus dem eigenem Haus an Rechtsextreme herausgibt, braucht sich nicht zu wundern, wenn man ihnen nur noch falsche Daten gibt.

nord