Söder präsentiert Laschet-Biografie: Wer übrig bleibt

CSU-Chef Söder stellt fast unfallfrei die Biografie über NRW-Landeschef Laschet vor – und verrät, dass er zu Schwarz-Grün keine Alternative sieht.

Männer im Anzug auf einem Podium

Präsentation in Berlin: Söder in der Mitte, Laschet doppelt im Hintergrund Foto: Britta Pedersen/dpa

BERLIN taz | Markus Söder schreitet, gleichermaßen Entschlossenheit und Lässigkeit ausstrahlend, auf die Bühne im holzvertäfelten Meistersaal in Berlin Mitte zu. Die Hauptstadtpresse ist ziemlich vollständig erscheinen. Denn Söder stellt eine Biografie von Armin Laschet vor. Politikerbiografien zu präsentieren, ist ein fixes Ritual des Berliner Politikbetriebes. Gern inszeniert man das als Crossover – der Fraktionschef der Linkspartei stellt das Buch einer SPD-Rechten vor oder ähnlich.

Aber das hier ist mehr. Beide könnten Rivalen um die Kanzlerschaft werden. „Will Söder?“ ist gerade Gossip Nummer eins. Seinen Dementis fehlt die letzte Entschiedenheit. Aus seiner Umgebung ist zu hören, dass man sich ein söderloses Bayern gar nicht vorstellen kann, man aber andererseits im Falle eines Umfrageabsturzes der Union die saure Pflicht auf sich nehmen würde, und Söder halt Kanzler werden müsse.

Insofern hat dieser Auftritt etwas. Aber was? Etwas Kokettes? Etwas Bedeutsames?

Söder ist ein Könner im Genre der gehobenen Plauderei und lässt im Gespräch mit einem Journalisten erst mal die Luft raus. Er hätte auch ein Buch über Nobert Röttgen, Jens Spahn oder Friedrich Merz vorgestellt. Offenbar hat so ein bayerischer Ministerpräsident doch mehr Zeit, als man sich gemeinhin vorstellt. Söder lobt seine Konkurrenten in spe erwartbar als „humorvoll, lebensfroh, ernsthaft und heimatverbunden“. Das finde er „nicht schlecht“. Das ist ein Beispiel Söderschen Infotainments – auf die Würdigung folgt ein joviales „nicht schlecht“.

Beide könnten Rivalen werden. „Will Söder?“ ist gerade Gossip Nummer eins

Ganz skandalfrei biografiert

Die Biografie „Der Machtmenschliche“ von Tobias Blasius und Moritz Küpper ist ein 360 Seiten dickes, gefällig geschriebenes Portrait des lustigen Hobbits aus dem Rheinland. Anders als Söder, der Kontrollierte, „leistet sich Laschet verlässlich Momente unprofessioneller Emotionalität und sprunghafter Spontanität“, so die Biografen, die den CDU-Mann mit einer erfreulichen Mixtur aus Sympathie und Distanz schildern. Er sei keine Machtmaschine, daher untypisch für die politische Klasse und womöglich nicht recht geeignet für jene Kältezone, die das Kanzleramt nun mal ist.

Söder spickt seine gefälligen Bemerkungen über den NRW-Ministerpräsidenten mit ein paar feinen Spitzen. In der Jungen Union habe er „Armin noch nicht so auf dem Schirm gehabt“, weil der nicht zur ersten Reihe der Nachwuchsreserve zählte. Insgesamt sei das ja auch „eine freundliche Biografie“, so etwas gebe „es bei uns in Bayern nicht“. Das ist ein dezenter Hinweis, dass über ihn demnächst auch eine Biografie erscheint, in der es aber weniger rheinisch-harmonisch zugehe (die wird Laschet vorstellen). Söder hält es „per se für einen Erfolg“ des NRW -Ministerpräsidenten, dass bei den Recherchen kein Skandal enthüllt wurde. Offenbar ist man bei ernsthaften journalistischen Recherchen in Bayern anderes gewohnt.

Zu erfahren ist zudem, dass der bayerische Ministerpräsident nachts des Öfteren zu McDonald’s geht und nicht nur Salat bestellt. Ein Fakt, den man nicht unbedingt wissen muss. Interessanter ist, dass Söder die Grünen für einen „möglichen Partner“ 2021 hält, da die SPD nicht wolle und zweifelhaft sei, ob mit der FDP im derzeitigen Zustand seriöses Regieren möglich sei. Genau genommen bleiben da nur die Grünen übrig. Womit die Botschaft platziert ist: Nicht nur Laschet kann Schwarz-Grün.

Die Hunderttausend-Dollar-Frage lautet: Was macht Söder in Zukunft? Will er, der Unionspolitiker, dem die meisten die Kanzlerschaft zutrauen, doch? „Ich versuche das Beste für Bayern zu tun“, sagt er und erprobt dabei den seriösesten, ernsthaftesten Gesichtsausdruck, der ihm zur Verfügung steht.

„Was jetzt?“

Es ist ein reibungsloser Auftritt, heiter, aber ohne Kalauer, nicht völlig glatt, aber ohne die Karten auf den Tisch zu legen. Als es um den CDU-Vorsitz ging, hat Laschet, Hamlet in Machtfragen, Vertrauten gesagt: „Es kann sein, dass ich am Ende übrig bleibe.“ Würde dieser Satz, fragt der Journalist, auch Söder, dem Machtbewussten, über die Lippen kommen? Söder stutzt kurz und sagt etwas grimmig: „Was jetzt?“ Es ist der einzige Moment in dieser ziemlich perfekten Show, in der er die Kontrolle verliert.

2021 sei alles offen, alles im Fluss. Das betont Söder mehrmals. Er bleibt, wo er ist. Weit weg in München. Wenn die CDU sich zerlegt oder die Umfragen in den Keller rauschen, ja – dann kann er am Ende übrig bleiben.

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