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Ob Kaffee, Schokolade oder Gewürzmischung: Fair-Handels-Unternehmen produzieren immer häufiger in den Anbauländern der Rohstoffe. Dabei geht es um ein großes Stück vom Kuchen

CO2-Bilanz und Fragen des Geschmacks: Bei Lebensmitteln wird es schwierig

Von Katja-Barbara Heine

„Produziert, verarbeitet und abgepackt in Südafrika“ steht auf der Schachtel mit den Nougattalern. „Made in Ghana“ und „Jobs for Africa“ liest man auf den pastellfarbenen Schokoladentafeln von Fairafric. Und „geröstet in Kolumbien“ auf den Kaffeepackungen des „Colombian Specialty“ von El Puente.

Noch sind solche Produkte Exoten in den Geschäften hierzulande. Doch es werden mehr, vor allem in den Weltläden. Der faire Handel verlagert zunehmend die Produktion von Lebensmitteln dorthin, wo der Rohstoff wächst. So werden vor Ort Know-how und Arbeitsplätze geschaffen, und die Länder im Globalen Süden bekommen ein größeres Stück vom Kuchen ab.

Etwa 70 Prozent des weltweit angebauten Kakaos wachsen in Afrika, aber nur 1 Prozent der Schokolade kommt von dort. Für die Rohstofferzeuger ist das ein schlechter Deal: Der Weltmarktpreis einer Tonne Kakaobohnen liegt bei rund 2.300 US-Dollar. Werden die Bohnen vor Ort, etwa in Ghana, einem der global führenden Kakaoanbauländer, zu Schokolade verarbeitet, bleiben pro Tonne Kakao 10.000 US-Dollar im Land – ein Vielfaches. Generell gilt: Je mehr Schritte des Wertschöpfungsprozesses im Ursprungsland stattfinden, desto mehr verdienen die Menschen dort daran.

„Wertschöpfung im Herkunftsland ist ein wichtiges Werkzeug, um die postkolonialen Strukturen zu durchbrechen“, betont Barbara Schimmelpfennig, Sprecherin beim größten deutschen Fair-Handels-Importeur Gepa. „Denn der einseitige Import von Rohstoffen begünstigt die Wirtschaftsinteressen der ehemaligen Kolonialmächte und benachteiligt Menschen im Globalen Süden.“

Das von der Gepa importierte Kunsthandwerk wurde schon immer vollständig vor Ort produziert, so die Sprecherin weiter. Lebensmittel hingegen wurden hauptsächlich als Rohstoffe exportiert und dann hierzulande verarbeitet. Die Gründe hierfür sind zahlreich: Andere Anforderungen an das fertige Produkt, ein anderer Geschmack, aber auch Verpackung und Transport spielen eine Rolle.

Vor 24 Jahren unternahm Gepa schon einmal einen Versuch und bot mit dem „Café Autentico“ einen vollständig in Costa Rica produzierten Kaffee an. „Doch die Zeit war noch nicht reif und das Produkt nicht ausgereift“, so Schimmelpfennig.

Heute hat das Unternehmen drei komplett im Herkunftsland produzierte Kaffeesorten aus Honduras, Guatemala und Ruanda im Angebot, die auch in Supermärkten verkauft werden. Insgesamt importiert Gepa 40 im Anbauland produzierte Lebensmittel, beim Mitbewerber El Puente sind es sogar 105. Hinzu kommen teilweise vor Ort weiterverarbeitete Produkte, zum Beispiel Kakaobutter oder Instantkaffee, der in Europa abgefüllt wird.

Immer häufiger entstehen Schokolade und Kaffee also dort, wo die Bohnen wachsen. Der Münchner Schokoladenhersteller Fairafric hat so in Ghana zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen. Auch Pecari aus Ecuador und La Equitativa aus Kolumbien exportieren fertig abgepackte Tafeln. Beide arbeiten mit Kleinbauern und kleinen Manufakturen zusammen und produzieren Schokolade mit verschiedenen Geschmacksrichtungen.

Das zeigt nicht nur, wie vielfältig Kakao ist, sondern trägt auch zum Erhalt seltener Sorten bei. Die Fair-Handels-Organisation Turqle Trading wiederum stellt in Südafrika Kräutersalze, Gewürzmischungen, Saucen und Tapenaden her, die weltweit exportiert werden. Unter den derzeit rund 500 Mitarbeitern sind fast 70 Prozent Frauen.

Während konventionelle Unternehmen – etwa im Textil- oder Elektroniksektor – die Produktion ins Ausland verlegen, um Geld zu sparen, ist im Fair-Handels-Sektor das Gegenteil der Fall: Die vor Ort gefertigte Ware ist teurer. Der in Kolumbien geröstete Kaffee „Columbian Specialty“ etwa kostet pro 250 Gramm einen Euro mehr als ein vergleichbares in Deutschland geröstetes Fair-Handels-Produkt. Dafür bleiben 3,39 Euro bei der kolumbianischen Kooperative – während es beim hier produzierten Kaffee nur 1,24 Euro sind.

Seit die Produzenten eigene Röstereien besitzen, entwickelt sich auch die einheimische Kaffeekultur weiter: „Die Zeiten, als gute Qualität ausschließlich für den Export produziert und vor Ort minderwertige Ware angeboten wurde, sind vorbei“, so Anna-Maria Ritgen von El Puente. „Der Kaffee für den heimischen Markt wird in Kolumbien immer noch anders geröstet. Aber er ist genauso gut.“

Dass zunehmend in den Anbauländern produziert wird, hat auch Kehrseiten: „Ein Wermutstropfen ist sicherlich der Kühltransport, der bei Schokolade und Pralinen aus Kolumbien nötig ist und den CO2-Abdruck des Produkts erhöht“, so Ritgen. Schimmelpfennig weist darauf hin, dass sich bei vor Ort geröstetem Kaffee durch den langen Transport die Haltbarkeitsdauer verkürzt.

Die größte Herausforderung für Kaffeeproduzenten im Globalen Süden sei jedoch, den Geschmack des europäischen Gaumens zu treffen, meint eine Weltladen-Betreiberin in Berlin. Sie hat nach einiger Zeit den vor Ort gerösteten Kaffee wieder aus dem Angebot genommen. „Er schmeckt einfach anders und hat uns und unsere Kunden nicht überzeugt“, sagt sie. „Die Schokoladen aus Ghana und Südamerika sowie die Kekse und Gewürzmischungen aus Südafrika hingegen laufen sehr gut.“