die gesellschaftskritik
: Die Emmys bewegen sich. Ein bisschen

Die Emmy-Verleihung fand in diesem Jahr digital statt, doch ansonsten blieb alles beim Alten. Oder?

Auf einen roten Teppich wurde bei der 72. Verleihung der Emmys, dem wichtigsten US-amerikanischen Fernsehpreis, verzichtet. Die Filmschaffenden mussten coronabedingt eh zu Hause bleiben. Statt einer großen Gala wurden die Awards digital vergeben.

Doch ansonsten schien alles beim Alten: Die großen Serienproduzent:innen teilten die wichtigsten Kategorien unter sich auf. Netflix (21 Preise) konnte, trotz 160 Nominierungen, nicht als Sieger nach Hause gehen, sondern musste sich gegen HBO (30 Preise) geschlagen geben: Das lineare Fernsehen hat gegen die Streamingdienste also noch nicht verloren.

Doch im Hinblick auf die Preisträger:innen lässt sich eine Veränderung bemerken: sie sind nicht mehr alle weiß. Serienproduktionen waren zwar schon immer etwas diverser aufgestellt als Hollywoodblockbuster, doch selbst 2019 konnten in den renommierten Kategorien mit Billy Porter und Jharrel Jerome nur zwei Schwarze Männer einen Award mit nach Hause nehmen. Dass die Mehrheit der Preise an Weiße ging, wurde damals stark kritisiert. Während der Veranstaltungen und in den darauf folgenden Tagen trendete bei Twitter #EmmysSoWhite.

Nicht in diesem Jahr: Bei der 72. Emmy-Verleihung gingen so viele Preise an BPoC Schauspieler:innen wie nie zuvor. So konnte sich Zendaya für ihre Rolle in der Teenie-Serie „Euphoria“ als „Beste weibliche Hauptrolle einer Dramaserie“ gegen Größen wie Jennifer Aniston oder Olivia Colman durchsetzen und wurde mit ihren 24 Jahren zur jüngsten Emmy-Gewinnerin der Geschichte.

Die Comicverfilmung „Watchmen“ (Beste Miniserie), die von Rassismus in den USA erzählt, war mit elf Auszeichnungen die große Gewinnerin des Abends. Ausgezeichnet wurde auch deren Hauptdarstellerin Regina King, die für ihre Dankesrede ein T-Shirt mit dem Gesicht von Breonna Taylor trug. Taylor war im März im US-Bundesstaat Kentucky von Polizisten erschossen worden.

Polizeigewalt, Black Lives Matter, Donald Trump – die politische Lage spielte während der Verleihung eine große Rolle. Dass ein neuer Rekord an BPoC-Preisträger:innen aufgestellt wurde, ist eine positive Entwicklung – allerdings mit Luft nach oben: Acht Preisträger:innen of Color sind bei insgesamt 27 ausgezeichneten Kategorien noch immer zu wenig.

Carolina Schwarz