SPD pocht auf Polizei-Studie

SPD-Chefin: Studien zu Rassismus in Gesellschaft gibt es bereits

Von Anna Lehmann

SPD-Vorsitzende Saskia Esken hält eine Studie zu Rassismus in der Polizei weiterhin für notwendig. „Für ein gezieltes Vorgehen zur Bekämpfung menschenfeindlicher und rechtsextremer Einstellungen in den Reihen unserer Sicherheitsbehörden benötigen wir eine Studie, die genau dort ansetzt“, teilte Esken auf Anfrage der taz mit. „Unsere Polizistinnen und Polizisten sind in besonderen Maße auf das Vertrauen unserer Gesellschaft angewiesen“, sagte Esken zur Begründung. Man dürfe nicht zulassen, dass dieses Vertrauen durch rechtsextremes und verfassungsfeindliches Denken und Handeln zerstört wird.

Innenminister Horst Seehofer, CSU, hatte ein solche Studie am Wochenende erneut abgelehnt. Der Bild am Sonntag sagte er: „Eine Studie, die sich ausschließlich mit der Polizei und dem Vorwurf eines strukturellen Rassismus innerhalb der Polizei beschäftigt, wird es mit mir nicht geben.“ Eine breiter angelegte Studie, die sich mit Rassismus befasst, könne er sich aber wohl schon vorstellen.

Esken kontert gegenüber der taz: „Studien zu Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft, wie vom Bundesinnenminister vorgeschlagen, gibt es bereits seit mehreren Jahren.“ Seit 2006 untersuche beispielsweise die „Mitte-Studie“ im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung antidemokratische Einstellungen in der deutschen Bevölkerung.

Die Debatte über eine unabhängige Untersuchung zu rassistischen und rechtsextremen Einstellungen in der Polizei läuft seit mehreren Wochen und erhielt durch die Ereignisse in der vergangenen Woche neue Nahrung. In Nordrhein-Westfalen flogen Chatgruppen auf, in den Polizist:innen rechtsextreme Inhalte, darunter Hitler-Bilder und Flüchtlinge in der Gaskammer, gepostet hatten. 30 Beamte wurden vom Dienst suspendiert. CDU-Innenminister Herbert Reul war schockiert: Diese Abscheulichkeiten habe er nicht für möglich gehalten.

Doch am Freitag folgte der nächste Schock, diesmal in Mecklenburg-Vorpommern. Dort durchsuchte die Polizei Wohnungen von Kolleg:innen die rechtsextremes Gedankengut ausgetauscht hatten. Zwei Beamte wurden vom Dienst suspendiert, gegen zwei weitere Disziplinarverfahren eingeleitet. CDU-Innenminister Lorenz Caffier sprach von beschämenden Ergebnissen.

Dessen ungeachtet sieht Seehofer weiterhin keine Notwendigkeit, rechtsextreme Einstellung bei der Polizei eingehender durchleuchten zu lassen. Zu den Chatgruppen in NRW sagte er, das sei ein Schlag in die Magengrube. Er sei dennoch überzeugt, dass die überwältigende Mehrheit der Polizisten und Polizistinnen fest auf dem Boden der Verfassung stehe.